Die Supermen der Kinogeschichte

Men of Steel

Jede Zeit bekommt jene Superhelden, die sie verdient. Und das sind aktuell eine ganze Menge: Iron Man, Spider-Man, Batman und die The Avengers haben neue Maßstäbe hinsichtlich Tricktechnik und Einspielergebnis gesetzt. Jetzt tritt der einflussreichste aller Superhelden an, um sie vom Thron zu stoßen.

In "Man of Steel" muss Clark Kent alias Superman erneut die Welt von kryptonischen Schurken befreien und erscheint rundumerneuert für eine neue Generation von Kinogängern auf der ganz großen Leinwand. "Man of Steel"-Regisseur Zack Snyder ist aber bei weitem nicht der erste, der Superman renoviert. Im Verlauf der vergangenen sechzig Jahre ist der starke Mann vom Planeten Krypton in immer anderen charakterlichen Konfigurationen in Erscheinung getreten. Eine Revision seiner Leinwand-Genese erzählt dabei auch viel darüber, was die jeweilige Dekade und ihre Gesellschaft im Superhelden sehen wollte.

  • Man Of Steel

    (c) Warner Bros. France

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Todernster Stahlmann

Superman ist tot. Lang lebe der "Man of Steel". Der Außerirdische vom Planeten Krypton geht damit denselben popkulturellen Weg, den Batman schon hinter sich hat. Die griffigen Kunstnamen, die für gewöhnlich auf –man enden, werden von Zuschreibungen wie "The Dark Knight" im Fall von Batman oder eben jetzt "Man of Steel" abgelöst.

Der Amerikaner Zack Snyder verantwortet die jüngste "Superman"-Leinwand-Adaption, produziert hat sie "The Dark Knight"-Regisseur Christopher Nolan. Für die beiden Kreativen ist jedenfalls klar: gelacht werden soll über ihren Superhelden nicht. "Man of Steel" ist eine todernste Angelegenheit, der mit dem rachsüchtigen General Zod eine Uralt-Nemesis von Superman in die Gegenwart einschleppt. Gespielt vom charismatischen Michael Shannon, will der Bösewicht die Erde kolonialisieren, nachdem sein Heimatplanet Krypton vor mehreren Jahrzehnten implodiert ist. Es gibt nur ein Problem: und das ist Kal-El alias Clark Kent alias Superman. Als Baby ist er von seinem Vater in einer Raumkapsel von Krypton gen Erde geschickt worden und fühlt sich seiner neuen Heimat ebenso verbunden wie der alten. Er allein stellt sich General Zod in den Weg, ein Kampf ist unausweichlich.

"Man of Steel" reiht sich atmosphärisch nahtlos in jenes düstere Superhelden-Universum ein, das Christopher Nolan mit seiner "Batman"-Trilogie aufgerissen hat: kunstvolle Bilder treffen auf seelisch gebeutelte Figuren. Eines hat sich allerdings nicht geändert: der Außerirdische "Superman" bleibt für die Menschen ein unerreichbares Ideal, nicht nur hinsichtlich seiner Kraft, sondern auch seiner moralischen Überlegenheit.

Feuerwerk an Spezialeffekten

Das war schon in den 1950er Jahren so: Es ist die Dekade des wirtschaftlichen Aufschwungs, der Kernfamilie und der Sicherheit. George Reeves gibt in den sechs Staffeln der "Adventures of Superman" im Fernsehen sowie in einem Kinofilm einen Superhelden irgendwo zwischen Eisverkäufer und Bankangestellten. "Superman" ist in den 1950er Jahren in den Comics und anderswo die Personifikation des amerikanischen Wertekatalogs - insofern auch nicht überraschend, dass eine Spezial-Episode der Fernsehserie mit dem Finanzministerium produziert wurde und Kinder zum Sparen animieren sollte.

Die zweite relevante Leinwand-Adaption von "Superman" passiert in den 1970er Jahren. Es ist das Jahrzehnt, in dem groß budgetierte Science-Fiction-Fantasyfilme wie "Krieg der Sterne" oder "Unheimliche Begegnung der dritten Art" für Einspielrekorde sorgen – und einen Paradigmenwechsel in der Traumfabrik einläuten.

1978 inszeniert Richard Donner "Superman: The Movie". 55 Millionen Dollar Budget sorgen nicht nur für Aufsehen erregende Spezialeffekte, sondern ziehen auch eine illustre Besetzung an Land. Neben Newcomer Christopher Reeve in der Titelrolle, sind unter anderem Marlon Brando, Terence Stamp, Maria Schell und Gene Hackman mit von der Partie. Wie "Man of Steel" erzählt auch "Superman: The Movie" davon, wie der finstere General Zod von Krypton verbannt wird und wie der Heimatplanet von Superman schließlich untergeht. Das Spektakel ist so erfolgreich an den Kinokassen, dass bis 1987 noch insgesamt drei Fortsetzungen produziert werden.

Superman rebooted

In den folgenden Jahrzehnten wird es still um den "Mann aus Stahl". Zwar zollen ihm zwei Fernsehserien Tribut, aber erst 2006 darf er wieder über die große Leinwand fliegen. "X-Men"-Regisseur Bryan Singer soll "Superman" ins neue Jahrtausend holen: anstatt auf zeitgenössische Schnellschnittgewitter orientiert sich sein "Superman Returns" allerdings an der Ästhetik und Erzählgeschwindigkeit der 1970er-Filme.

Singers eleganter Neoklassizismus kommt allerdings nicht gut an: "Superman Returns" genießt zwar unter langjährigen Comic-Fans Kultstatus, stürzt an der Kinokassa allerdings ab. Der Schock bei den Produzenten sitzt so tief, dass sie das wertvolle Franchise einige Jahre später komplett neu aufsetzen lassen. "Rebooting" nennt man das in der Fachsprache: "Man of Steel" ist von Erinnerungen an die früheren "Superman"-Abenteuer bereinigt, verhält sich so, als würde die Geschichte von Krypton, General Zod, Lois Lane und Superman zum ersten Mal erzählt.

"Man of Steel" wird sich an der Kinokasse zweifellos behaupten können, nichtsdestotrotz dürften sich beim Anblick dieses gelackten Digitalbombasts nicht wenige die analoge Ästhetik der früheren Filme zurückwünschen. Und damit auch eine Tradition des Geschichtenerzählens, die es geschafft hat, zwischen all die existenziellen Konflikte und einstürzenden Gebäude noch so etwas wie Humor und Leichtigkeit zu schmuggeln. "Man of Steel" kann man hingegen nur mehr mit einem schlagkräftigen Satz von Adorno unterschreiben: Fun ist ein Stahlbad.

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