Pedro Almodóvar: "Fliegende Liebende"

Der spanische Regisseur Pedro Almodóvar hat mit seiner Tragikomödie "Alles über meine Mutter" den Auslands-Oscar gewonnen und das Drama "Sprich mit ihr" brachte ihm einen Golden Globe und den Europäischen Filmpreis ein. Sein neuer Film "Fliegende Liebende" ist jetzt eine aberwitzig schrille Komödie, mit der Almodóvar zu seinen wilden Anfängen in den 1980er Jahren zurückkehrt.

  • Fliegende Liebende

    (c) Paola Ardizzoni / Emilio Pereda

  • Javier Cámara, Pedro Almodóvar, Raúl Arévalo

    Javier Cámara, Pedro Almodóvar, Raúl Arévalo

    (c) Paola Ardizzoni / Emilio Pereda

  • Blanca Suárez

    Blanca Suárez

    (c) Paola Ardizzoni / Emilio Pereda

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Mittagsjournal, 2.7.2013

Flug 2549 hat ein Problem. Statt seinen Zielort Mexico City anzusteuern, kreist der Flieger mit defektem Fahrwerk über Toledo auf der Suche nach einem geeigneten Flughafen für die anstehende Notlandung. Die Panik an Bord hält sich aber in Grenzen. Dafür sorgen die an die Passagiere ausgeschenkten Drogencocktails und drei schwule Stewards mit einer Playback-Gesangseinlage.

Das Genre habe es ihm erlaubt, so Pedro Almodóvar, eine Katastrophe als Party zu tarnen.
Gut 80 Prozent des Films spielen in der Flugzeugkabine und dort entzündet Almodóvar sein bekanntes Feuerwerk aus Skurrilitäten. Zwischen Flugkapitän und Steward entspinnt sich eine schwule Eifersuchtsszene, ein Killer fühlt sich zu seinem zukünftigen Opfer hingezogen und eine Wahrsagerin streift schnuppernd durch die Sitzreihen.

Anfang der 1980er-Jahre trat Pedro Almodóvar als Filmemacher in Erscheinung und wurde schnell zu einer Zentralgestalt der Movida Madrilena. Diese Künstlerbewegung stand damals nach dem Ende der Franco-Diktatur für Hedonismus und Lebenslust und Almodóvars schrille Komödien schienen wie die Bebilderung ihres künstlerischen Programms. „Fliegende Liebende“ sieht Almodóvar jetzt als Hommage an seine wilden 80er-Jahre und so wird im Flieger auch ein Drogencocktail aus Champagner, Gin und Meskalin ausgeschenkt, der damals im Madrider Untergrund sehr en vogue war.

Trotz solcher humorvoller Referenzen ging es Almodóvar mit seiner neuen Komödie „Fliegende Liebende“ weniger um Nostalgie und mehr um eine Kritik an Spaniens gegenwärtiger Situation.
Explizit zur Sprache kommt die spanische Wirtschaftskrise zwar nicht im Film, als das Flugzeug schließlich notlandet, setzt es aber gleichzeitig unsanft in der Realität auf. Den völlig neuen, aber leer stehenden Flughafen, in dem sich die „Fliegenden Liebenden“ von ihrem Schock erholen, gibt es nämlich wirklich. Wegen falscher Finanzspekulationen und der geplatzten Immobilienblase liegt er verlassen und unbenutzt im Niemandsland der La Mancha. Und nach punktgenauen Pointen hat Pedro Almodóvar mit dieser punktgenauen Landung dafür gesorgt, dass dieser Geisterflughafen und die Misswirtschaft in seinem Land nicht unter den Teppich gekehrt werden.