SPÖ-Wahlprogramm mit Reichensteuer
Die SPÖ hat heute bei ihrem Bundesparteirat in Wien ihr Programm für die Nationalratswahl am 29. September beschlossen. SPÖ-Chef Bundeskanzler Werner Faymann warnte dabei eindringlich vor einer Wiederkehr von Schwarz-Blau.
27. April 2017, 15:40
Mittagsjournal, 3.8.2013
Koalition gegen SPÖ verhindern
Faymann sagte in seiner Rede beim SPÖ-Bundesparteirat, Österreich sei "zu schön, um es einer schwarz-blauen Regierung zu überlassen". Die ÖVP sei immer sehr kreativ gewesen, Koalitionen zu schmieden, wenn es darum gehe, die SPÖ aus Regierungen zu drängen, erinnerte Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos in seinem Eingangsstatement an die Bildung einer schwarz-grünen Koalition in Tirol und eines Schwarz-Grün-Stronach-Bündnisses in Salzburg und gab als Ziel aus, stark genug zu werden, sodass eine Koalition gegen die SPÖ unmöglich werde.
Der SPÖ-Bundesparteirat beschloss dann einstimmig das Wahlprogramm und mit 95,9 Prozent auch die Bundesliste. Parteichef und Spitzenkandidat Werner Faymann freute sich nach der Veranstaltung, an der rund 500 Delegierte und Gäste teilnahmen, über dieses Zeichen der Geschlossenheit. Die SPÖ-Bundesliste wird von Faymann angeführt, gefolgt von Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek, FSG-Chef Wolfgang Katzian und Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Auch sämtliche Regierungsmitglieder, Klubchef Josef Cap und die Bundesgeschäftsführer Laura Rudas und Norbert Darabos werden bei einem "normalen" Wahlausgang Mandate erreichen. Fix dabei ist ferner als Neuzugang die Chefin der Jungen Generation Katharina Kucharowits, die es sogar auf Listenplatz fünf geschafft hat.
"Millionärssteuer", Jugendgerichtshof
Die SPÖ fordert in ihren "111 Projekten für Österreich" unter anderem als "Millionärssteuer" eine Vermögens- und Erbschaftssteuer mit einer Freigrenze von einer Million, die Wiedereinrichtung des Jugendgerichtshofs, ein Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr sowie ein zweites verpflichtendes Gratis-Kindergartenjahr. An der Spitze der Weisungskette soll künftig nicht mehr die Justizministerin, sondern ein unabhängiger Bundesstaatsanwalt stehen.
Formal sind es eigentlich nur 101 Projekte, die von der SPÖ selbst erarbeitet wurden. Zehn Projekte überließ man den Bürgern, die sich in einem dreistufigen Verfahren auf zehn der Partei genehme Anliegen einigen konnten. Freilich hätten wohl fast alle davon ohnehin den Weg ins Programm gefunden, etwa die Forderungen nach Ganztages- und Gesamtschule oder "Papa-Monat".
Auszüge aus dem Wahlprogramm
Wirtschaft/Landwirtschaft
- ein Konjunkturpaket im Umfang von 1,5 Milliarden soll bis 2016 14.000 Wohnungen und 60.000 Arbeitsplätze entstehen lassen.
- die ÖIAG soll ihre strategischen Beteiligungen langfristig halten und in Wachstumsphasen auch bei Kapitalerhöhungen mitgehen.
- für sanierungsfähige Insolvenzfälle soll eine öffentliche Auffanggesellschaft gegründet werden, um regionale Leitbetriebe in Einzelfällen zu retten.
- keine Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen
- eine Reform der Agrarförderungen mit klaren Obergrenzen auf Basis des Arbeitseinsatzes. Damit sollen für die Förderung nicht mehr Parameter wie die Größe der bewirtschafteten Fläche oder die Viehstückzahl entscheidend sein.
Steuern
- Millionärssteuer (Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuer) mit einem Freibetrag von einer Million Euro.
- Senkung des Einstiegssteuersatzes.
- Verlängerung des Sonderbeitrags zur Bankenabgabe.
- Reform der Gruppenbesteuerung
- Managerboni ab 500.000 Euro nicht mehr als Betriebsausgabe absetzbar.
Verkehr
- in den nächsten fünf Jahren sollen jährlich zwei Milliarden in den Ausbau der Schieneninfrastruktur investiert werden, jeweils eine Milliarde in den Ausbau des hochrangigen Straßennetzes.
- keine Privatisierung der ÖBB.
- neuer Taktfahrplan nach Schweizer Vorbild plus 100 neue Züge.
- das in der Ostregion umgesetzte Jugendticket soll bundesweit auf alle Jugendlichen in Ausbildung ausgeweitet werden.
Wohnen
- 25.000-50.000 neue Wohnungen durch geförderten Wohnbau.
- Flächenwidmungskategorie sozialer Wohnbau.
- Deckelung der erlaubten Zuschläge im Mietrecht mit 25 Prozent des Richtwerts.
- Maklergebühr wird vom Vermieter bezahlt.
Glücksspiel
- bundesweites Verbot des kleinen Glücksspiels.
Arbeit
- Rechtsanspruch auf Weiterbildung im Ausmaß von einer Woche unter Fortzahlung des Entgelts.
- "bei allfälliger Verkürzung der Normalarbeitszeit müssen Kaufkraft und Lebensstandard gesichert bleiben".
- kollektivvertraglicher Mindestlohn von 1.500 brutto.
- gemeinsames Arbeitsrecht von Arbeitern und Angestellten.
- Genesungsteilzeit für sechs Monate nach ärztlicher Anordnung.
- Überstundenabgabe bei unverhältnismäßig vielen Überstunden.
Soziales
- keine Anhebung des Pensionsalters.
- Anspruch für Pflegekarenz und Pflegeteilzeit.
- Verbreiterung der Beitragsgrundlage, dafür Abbau von Selbstbehalten.
- Aufnahme der HPV-Impfung ins Impfprogramm.
Familien
- statt Frei- und Absetzbeträgen höhere Familienbeihilfe und mehr Kinderbetreuungsplätze.
- Adoptionsrecht für Homosexuelle.
- zweites verpflichtendes (Gratis-)Kindergartenjahr ab dem 4. Lebensjahr.
- Rechtsanspruch auf Betreuungsplatz ab dem 1. Lebensjahr.
- bezahlter "Papa-Monat" für alle.
- Ermöglichung der künstlichen Befruchtung für alleinstehende Frauen und lesbische Paare.
Frauen
- Quotenregelungen in Vorständen und Aufsichtsräten auch in der Privatwirtschaft.
- Koppelung öffentlicher Aufträge und Förderungen an verpflichtende Frauenförderpläne.
Bildung
- Einführung von Gesamt- und Ganztagesschule.
- Reform der Lehrerausbildung muss "zügig umgesetzt" werden.
- tägliche Turnstunde.
- bessere Betreuungsverhältnisse an den Unis.
- Studienzugangsprobleme durch "Numerus clausus-Flüchtlinge" müssen auf europäischer Ebene gelöst werden.
- "Studiengebühren sind keine Lösung".
- alle unter 18 müssen eine Ausbildung oder weiterführende Bildungseinrichtung besuchen.
- Direktwahl der ÖH-Bundesvertretung und der Bundesschülervertretung.
- weiterer Ausbau der Fachhochschulen.
Justiz
- Wiedererrichtung des Jugendgerichtshofs.
- unabhängiger Bundesstaatsanwalt an der Spitze der Weisungskette.
Sicherheit
- mehr Polizisten im öffentlichen Raum.
- Umsetzung der Sicherheitsstrategie.
- Frauenanteil im Bundesheer auf mindestens sieben Prozent erhöhen.
Internationales
- Stärkung der Beziehungen EU-USA und Aufbau strategischer Partnerschaften zu anderen aufstrebenden Staaten wie China, Brasilien und Indien.
- Beteiligung an friedenserhaltenden und friedenssichernden Einsätzen "Kernelement des internationalen Engagements".
- 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit.
- Asylverfahren weiter beschleunigen.
Information
- bis 2020 erhalten alle Österreicher Zugang zu Breitband-Hochleistungsinternet.
- reformierte Presseförderung soll sich an Vielfalt und Qualitätskriterien orientieren.
- Reform der Kontrollgremien im ORF.
Kultur
- stärkere Förderung zeitgenössischer Kunst.
- Schaffung eines flächendeckenden Bibliotheksnetzes. (Text: APA, Red.)