Türkei: harte Urteile für Erdogan-Kritiker

Wollte in der Türkei ein ultranationalistischer Geheimbund, dem viele ranghohe Militärs angehörten, gegen die Regierung Erdogan putschen? Darum ist es im sogenannten Ergenekon-Prozess gegangen. 276 Angeklagte hat es gegeben, fünf Jahre ist verhandelt worden, heute sind nun die Urteile gefällt worden - und sie sind hart ausgefallen:

Abendjournal, 05.08.2013

Rachefeldzug gegen Regierungspartei?

Ergenekon - das ist ein Gerichtsverfahren, das die Emotionen hochgehen lässt, das das Land gespalten hat. Für die einen geht es darum, das Militär, das in der Türkei seit 1960 bereits drei Mal geputscht hat, endlich unter zivile Kontrolle zu bringen. Für die anderen ist es ein Rachefeldzug der konservativ-islamischen Regierungspartei AKP gegen ihre Kritiker.

Lebenslang für Ex-Generalstabschef

Die Strafen, die heute verhängt werden, sind jedenfalls hart: Ex-Generalstabschef Ilker Basbug ist der prominenteste der Angeklagten, er wird zu lebenslanger Haft verurteilt, ebenso zehn weitere hohe Militärs, doch auch für Polizeichefs, Anwälte, Politiker und Journalisten gibt es Gefängnisstrafen. Der Vorwurf: sie hätten einen Geheimbund gegründet, den sie nach dem mythischen Tal Ergenekon benannt haben, das einmal die Heimat der Türken gewesen sein soll. Ziel des Geheimbundes soll es gewesen sein, durch Bomben und Morde das Land zu destabilisieren.

Als Islamisten getarnt?

Als Beweise dienten der Anklage die Entdeckung geheimer Waffenlager und ein Anschlag gegen ein Gericht im Jahr 2006 sowie gegen die Redaktion einer Zeitung. Die Anschläge sollten, so der Vorwurf der Anklage aussehen, als seien sie von Islamisten verübt worden, und das sollte schließlich dem Militär einen Vorwand bieten, die Regierung zu stützen und die Macht zu übernehmen. Die Verurteilten bekennen sich nicht schuldig und wollen in Berufung gehen.