"Die Frau vom Meer" im Akadamietheater
Mit Nestroys Zauberposse „Lumpazivagabundus“ wird heute Abend am Wiener Burgtheater die Saison eröffnet. Morgen Abend findet dann im Akademietheater die zweite Premiere statt: Henrik Ibsens Spätwerk „Die Frau vom Meer“, ein selten gespieltes Stück, mit Christiane von Poelnitz in der Titelrolle, inszeniert von der jungen deutschen Regisseurin Anna Bergmann.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 6.9.2013
Ellidas Freiheitsdrang
Die Fische treiben reglos im Aquarium und versinnbildlichen den Seelenzustand von Ellida, der Frau vom Meer. Sie, die Tochter eines Leuchtturmwärters mit dem großen Freiheitsdrang im Herzen, ist gefangen in der bergigen Kleinstadtidylle mit biederem Mann und dessen halbwüchsigen Töchtern aus erster Ehe. Der eigene Sohn ist als Säugling gestorben, sie selbst leidet unter Wahnvorstellungen und wird die Sehnsucht nach dem Meer nicht los.
Andere Lesart
Die Vergangenheit holt Ellida ein, als der fremde Seemann, mit dem sie sich einst verlobt hat, zurückkommt um sie zu holen. Erst als ihr Mann ihr die Freiheit schenkt, entscheidet sie sich bei ihm zu bleiben. Ibsen hat die Ellida als Gegenstück zur ausbrechenden Nora entworfen. Die Regisseurin Anna Bergmann setzt Ibsens Vernunfts-Ende ihre eigene düstere Interpretation entgegen. Sie hat das Stück vor sieben Jahren schon einmal inszeniert und habe sich jetzt entschieden, die Geschichte noch einmal in eine andere, psychotische Lesart zu bringen, wie die Regisseurin erklärt.
Es ist eine Paraderolle für Christiane von Poelnitz, diese gestrandete Meerjungfrau mit den roten langen Haaren und dem entrückten Blick, gefangen zwischen nervöser Hysterie, Albtraum und Depression. Außerdem spielen Falk Rockstroh als Doktor Wangel, Tilo Nest als Arnholm und die junge Jasna Fritzi Bauer als Tochter Hilde Wangel.
Optisches Feuerwerk im Akademietheater
Die 35 jährige Regisseurin Anna Bergmann hat viele originelle Einfälle und spart nicht mit dem Einsatz theatraler Mittel, sei das Musik, Tanz, Live Videosequenzen oder Projektionen. Dass sie ein optisches Feuerwerk abbrennen kann, hat sie schon vor 2 Jahren im Burgkasino bei der Inszenierung von Oliver Klucks „Froschfotzenlederfabrik“ gezeigt. Überzeugen konnte sie freilich damals wenig, was vielleicht auch am Stück selbst gelegen sein mag. Jetzt bekommt die als Fräuleinwunder des deutschen Theaters gefeierte Regisseurin mit Ibsen ihre zweite Chance in Wien. Wie sie diese nutzt ist ab morgen im Akademietheater zu sehen.