"Biedermann und die Brandstifter" als Oper

"Biedermann und die Brandstifter", das berühmte Drama des Schweizer Schriftstellers Max Frisch, ist seit seiner Entstehung beliebter Schulstoff als Lehrstück gegen Feigheit und Verblendung. Der aus Prag stammende und in Wien lebende Komponist Simon Vosecek hat aus dem Stück vor einigen Jahren eine Oper gemacht und erhielt dafür den Förderungspreis des Kulturministeriums; gestern Abend hat die Neue Oper Wien das Werk im Wiener Semperdepot uraufgeführt.

Morgenjournal, 18.9.2013

Keine klare Aussage

"Ein Lehrstück ohne Lehre": So nannte der Schweizer Schriftsteller Max Frisch sein Drama "Biedermann und die Brandstifter". Dennoch deutete man das Stück seit jeher als Parabel für historische politische Katastrophen und bürgerliche Doppelmoral. So wie sich die beiden Brandstifter unbehelligt am Dachboden des Unternehmers Gottlieb Biedermann einnisten, so gelang es auch Kommunisten oder Nationalsozialisten, das Bürgertum zum Komplizen zu machen und die Macht zu ergreifen. Von solchen klassischen Deutungen wollte sich Simon Vosecek in seiner Opernfassung des Stoffs allerdings lösen. Ihn faszinierte, dass "Biedermann und die Brandstifter" eben keine klare politische Aussage hat.

Vosecek hat ein Musiktheater-Werk geschrieben, das stark an der Sprachpoesie von Max Frisch orientiert ist. An dessen Text hat Vosecek, der auch als Librettist fungierte, wenig geändert. Zu erleben ist ein Wechselspiel zwischen Dialog und Gesang; in der Musik des Kammerorchesters spiegeln sich die wachsende Spannung und Angst ebenso wieder wie das Groteske des Bühnengeschehens - es spielt das amadeus ensemble-wien unter der Leitung von Walter Kobéra.

Oper auf Kohle

An der Inszenierung der jungen Regisseurin Beatrice Lachaussée hätte Max Frisch wohl seine Freude gehabt: In die Halle des Semperdepots hat Lachausée eine riesige, Kohle produzierende Maschine hineingebaut: Das Ehepaar Biedermann sitzt also von Beginn an auf einem Haufen Kohle, erkennt die selbstverschuldete Brandgefahr dennoch nicht. Insgesamt legt die Neue Oper Wien eine stimmige Produktion mit gut gewählten Sänger-Darstellern vor. Vor allem der Pole Tomasz Pietak überzeugt als kindlich-anarchischer Brandstifter Josef Schmitz, der seine Gastgeber - frei nach Max Frisch - mit Scherz und Sentimentalität um den kleinen Finger wickelt.

Passende Atmosphäre, problematische Akustik

Das mehrgeschossige, historistische Semperdepot bietet dem Stück zwar eine passende Atmosphäre, ist aber auch für seine problematische Akustik bekannt. Gerade bei einem Werk, in dem der Text eine so wichtige Rolle spielt, schmerzt es besonders, wenn die Sprache oft verhallt oder vom Orchester überlagert wird. Zumindest für den Komponisten Simon Vosecek mag es da ein Trost sein, dass Walter Kobéra und seine Neue Oper Wien kommenden Februar mit dem Werk in Bozen gastieren. Das Wiener Publikum bedachte die gestrige Uraufführung mit freundlichem Applaus.