Richard Galliano

Er zählt zu den weltweit bedeutendsten Jazz-Akkordeonisten. So wie Astor Piazzolla einst den Tango Nuevo erfand, so hat Galliano Anfang der 1990er-Jahre den "Musette-Neuve-Stil" entwickelt. Heute Abend gastiert Galliano mit seinem neuesten Projekt, dem "New Tangaria Quartet", im Wiener Konzerthaus.

Kulturjournal, 08.10.2013

Richard Galliano

(c) Vincent Catala

Es sind musikalische Gefühls- und Gedankenwelten, die Richard Galliano mit seinem Instrument authentisch vermittelt. Mit technischem Können und großer Ausdruckskraft zeigt er: Das Akkordeon war immer schon ein Jazzinstrument: "Schon Duke Ellington hat in den 1920er Jahren mit seinem Orchester ein Stück aufgenommen, in dem ein Akkordeon zum Einsatz kam. Ich denke, jedes Instrument kann ein Jazz-Instrument sein, wenn man es entsprechend spielt und phrasiert", meint Galliano.

Richard Galliano, 1950 in der Nähe von Cannes geboren, lernte das Spiel zuerst von seinem Vater, der selbst Akkordeonist war. Schon als Zwölfjähriger begann er, sein Repertoire zu erweitern und sich für Jazz zu interessieren. Während er sich erfolgreich in die internationale Musikszene spielte, wandte er sich von der traditionellen französischen Musik ab. Erst auf Anraten seines Mentors Astor Piazzolla besann er sich auf seine Wurzeln und etablierte den "Musette-Neuve-Stil", eine Weiterentwicklung des Musette-Walzers durch Elemente des Jazz.

"Piazzolla war der Meinung, dass man am besten jene Musik spielen sollte, von der man abstammt", sagt Galliano. "Allerdings hatte der Tango in Argentinien einen Kultstatus, und als Piazzolla sich daranmachte, ihn zu modernisieren, bekam er sogar Morddrohungen, weil das so ein Sakrileg war! Das war beim Musette-Walzer in Frankreich ganz anders. Diese Musik war eher verschrien, und so ließ sie sich leicht erneuern."

Dennoch pflegt Richard Galliano bis heute nicht nur die Musette Neuve, sondern auch den von Piazzolla geprägten Tango Nuevo - wenn auch auf seine ganz eigene Weise. Mit seinem Tangaria-Quartett etwa schuf er Musikstücke, die sich einerseits ganz den argentinischen Rhythmen verschreiben, andererseits klar erkennbare Melodien in sich tragen, die für den Akkordeonisten unverzichtbar sind.

Im Wiener Konzerthaus präsentiert Galliano nun eine Neuauflage: Das New Tangaria-Quartett, das auf älteres Repertoire zurückgreift, um daraus aber, wie der Musiker verspricht, etwas gänzlich Neues zu machen.