Akademiker aus Migrantenfamilien: Zähe Jobsuche

Immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund - also Menschen, deren Eltern nicht in Österreich geboren worden sind - machen einen akademischen Abschluss. Der Anteil ist mit 19 Prozent mittlerweile ungefähr so hoch wie der bei Menschen ohne Migrationshintergrund. Aber danach dauert es bis zum Job meist überdurchschnittlich lang, zeigt eine Studie der Uni Wien.

Abendjournal, 14.11.2013

Job-Hindernis Kopftuch

Im Durchschnitt sind doppelt so viele Bewerbungen notwendig, bis man überhaupt zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird. Die Soziologin Melek Hacioglu hat für die Studie 800 Fragebögen ausgewertet und zahlreiche Interviews geführt - unter anderem mit einer jungen Frau, die nach ihrem erfolgreichen Studium an der Wirtschaftsuni einen Job gesucht hat. "Auf die Bewerbungen ohne Foto kam schnell eine Antwort, aber beim Vorstellungsgespräch hat man die Person spüren lassen, dass sie eigentlich nicht erwünscht ist." Die Frau trägt nämlich Kopftuch, ihre Eltern sind in der Türkei geboren.

Gerade diese Gruppe muss ist bei der Jobsuche mit Fragen nach Religion und Kultur konfrontiert, sagt Roland Verwiebe, der die Studie am Institut für Soziologie geleitet hat: "Der Stellenwert der Religion für die tägliche Arbeit, aber auch das Leben - das ist ein Punkt, der sehr stark dort aufgetaucht ist. Das finden wir bei Akademikern mit Migrationshintergrund, die aus Ex-Jugoslawien, aus Polen oder Tschechien kommen, deutlich weniger."

Unterschätzter Wettbewerbsvorteil

Hartnäckigkeit und Ausdauer sind jedenfalls gefragt auf dem Weg zum ersten Job. Ein Ökonom hat 200 Bewerbungen geschrieben, bis er schließlich einen Job gefunden hat - so wie bei er kommen viele Akademiker mit Migrationshintergrund am ehesten in größeren Privatunternehmen unter, die international ausgerichtet sind, sagt Roland Verwiebe: "Firmen, die in der Beratung tätig sind, Versicherungen, Banken, die erkennen sehr klar, dass es für sie von Wettbewerbsvorteil sein kann, Akademiker mit Migrationshintergrund einzustellen."

Neben der längeren Phase der Jobsuche unterscheidet sich auch die Art der Beschäftigung. Bei den Akademikern mit Migrationshintergrund ist der Anteil der befristeten Arbeitsverträge höher, außerdem trauen sich mehr den Sprung in die Selbstständigkeit zu. In einem Punkt gibt es keinen Unterschied zu Jungakademikern ohne Migrationshintergrund: Die Mehrheit ist der Meinung, zu wenig zu verdienen.