Wolgograd: Auch zweite Bombe war Selbstmord

Auch der heutige, neue Anschlag in einem Bus im südwestrussischen Wolgograd ist nach Angaben der russischen Ermittler das Werk eines Selbstmordattentäters. Außerdem gibt es Anhaltspunkte dafür, dass der Anschlag mit dem Attentat vom Sonntag in Verbindung steht. Trotzdem sieht Moskau die Olympischen Winterspiele in knapp sechs Wochen in Sotschi nicht gefährdet.

Zerstörter Bus

(c) EPA/STR yk PT

Mittagsjournal, 30.12.2013

Eindeutige Serie

Der Süden Russlands erlebt zur Zeit eine Serie von Bombenanschlägen: Am Freitag traf es zuerst die kleine Stadt Pjatigorsk am Rande des Kaukasus - dort wurden drei Menschen durch eine Autobombe getötet. Und gestern und heute war dann Wolgograd das Ziel von Anschlägen. Gestern sprengte sich ein Selbstmordattentäter oder eine Attentäterin im Bahnhof in die Luft, mindestens 17 Menschen wurden getötet, und heute früh folgte dann ein Anschlag auf einen Autobus mit mindestens 14 Toten. Drei Terrorakte in nur vier Tagen also. Und auch wenn sich noch zu keiner der Taten jemand bekannt hat, ist man sich in Russland ziemlich sicher, das islamistische Terroristen aus dem Kaukasus dahinterstehen - mit dem Ziel, Russland zur Absage der olympischen Spiel in Sotschi zu zwingen. Doch daran denkt man in Moskau keineswegs.

Betroffenheit und Angst

Angst macht sich breit in Wolgograd. Manche Einwohner sagen zu russischen Fernsehreportern, sie gingen lieber zu Fuß, bevor sie noch einmal in einen Autobus steigen. Auch im Oktober war ja in Wolgograd ein Bus das Ziel eines Anschlags gewesen, und jetzt wieder in der Frühverkehrsspitze ein Sprengsatz explodiert. Der O-Bus der Linie 15 war vollbesetzt. Jetzt ist von dem Bus nur noch ein ausgebranntes Wrack übrig, das Dach ist weggesprengt, die Seitenwände sind aufgerissen. Ein weiterer grausamer Terrorakt nur wenige Stunden nach dem gestrigen Anschlag im Hauptbahnhof der Stadt. Auch dem Wolgograder Gouverneur ist der Schock anzusehen: "Für uns, für alle Wolgograder, für alle Russen ist das eine schwere Prüfung, der zweite Terroranschlag in 24 Stunden, wieder gibt es Tote, Schwerverletzte, wir bringen die Verletzten in unsere Krankenhäuser, es stehen auch Flugzeuge bereit, um jene mit den allerschwersten Verletzungen nach Moskau zu fliegen, es ist ein bitterer Tag, ein schwerer Tag - Terrorismus, das ist etwas Fürchterliches."

Nutzlose Sicherheitsmaßnahmen

Verschärfte Sicherheitsmaßnahmen sind nun in Wolgograd in Kraft. Autos, die die Stadt verlassen wollen, werden durchsucht - und vor kurzem hat Präsident Putin für das ganz Land noch einmal schärfere Anti-Terrormaßnahmen angeordnet. Doch viele stellen sich nun die Frage, ob man durch solche Maßnahmen tatsächlich Terroranschläge verhindern kann. In den Bahnhöfen stehen nun Metalldetektoren und Gepäck-Durchleuchtungsanlagen wie auf Flughäfen. Doch der oder die Attentäter von gestern hat die Bombe genau mitten in der Warteschlange vor einem solchen Kontrollpunkt gezündet.

Ermittlungen am Anfang

Klar ist auch: Schärfere Sicherheitsmaßnahmen an einem Ort führen dazu, dass Terroristen die Anschläge an anderen Orten verüben. Das gilt als einer der Gründe, warum die neue Terrorserie nun gerade Wolgograd trifft. Die Olympiastadt Sotschi haben Polizei und Armee inzwischen in eines Festung verwandelt, und die Hauptstadt Moskau wird schon seit Jahren besonders intensiv überwacht. Wolgograd könnte da für die Terroristen also eine Art Ausweichziel darstellen. Dass diese Terroristen aus der Kaukasusregion stammen, davon ist man in Russland überzeugt - auch wenn die bisher ausgewerteten Indizien offenbar noch keinen endgültigen Beweis dafür erlauben. Gestern war ja davon die Rede, dass der Anschlag im Bahnhof von einer Frau, der Witwe eines Rebellenführers verübt wurde. Heute heißt es, es war vermutlich doch ein Mann, und auch die heutige Bombe im Bus soll von einem männlichen Selbstmordattentäter gezündet worden sein. Zumindest einer dieser Männer soll aus dem Kaukasus stammen. Aber wie gesagt, eine endgültige Bestätigung dafür gibt es nicht. Der russische Chefermittler Wladimir Markin kann bisher nur Vermutungen äußern: "Aufgrund der Ermittlungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die beiden Anschläge in einem Zusammenhang stehen", so Markin.

Sotschi-Organisator beschwichtigt

Klar erscheint für Russlands Politiker auch der Zusammenhang mit den olympischen Spielen in Sotschi. Schließlich hat der kaukasische Rebellenführer Doku Umarow ja gedroht, die Austragung der Spiele durch Terroranschläge unmöglich zu machen. Doch Alexander Schukow, der Vorsitzende des russischen olympischen Komitees beruhigt heute: Zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen in Sotschi seien nicht erforderlich. In der Olympiastadt, so Schukow, sei schon alles nötige getan worden, um die Sicherheit bei den Wettkämpfen zu garantieren.