Der "Anchorman" im Prequel

Interview mit Will Ferrell

Nachdem ihn sein Stammsender gekündigt hat, plant Ron Burgundy, noch einmal voll durchzustarten. Zehn Jahre nach "Anchorman" haben Will Ferrell und sein Regisseur Adam McKay den eitelsten TV-Moderator der Kinogeschichte zurück ins Rampenlicht geholt und so macht sich Ron Burgundy beim neu gegründeten 24-Stunden-Sender GNN auf Quotenjagd.

Unterstützt wird er dabei von seinem Team aus alten Zeiten: Dem Womanizer Brian Fantana, dem versoffen-rassistischen Sportexperten Champ und seinem bestenfalls minder bemittelten Wettermann Brick, der zu Beginn des Films eine schwere Krise zu bewältigen hat. Wurden im ersten "Anchorman" der Chauvinismus und die Frauenfeindlichkeit von Burgundy und Konsorten durch den Kakao gezogen, so wird jetzt im Sequel die Quotengeilheit um jeden Preis an den Pranger gestellt.

Will Ferrell

(c) Reynolds, EPA

Wolfgang Popp: Bevor ich auf "Anchorman II" zu sprechen komme, möchte ich einen Blick zurückwerfen auf den ersten Teil. Mich interessiert nämlich die Geburtsstunde Ron Burgundys. Welche Idee hat den eitlen Moderator mit der Fönwelle zum Leben erweckt?
Will Ferrell: Was mich damals auf die Anchorman-Geschichte brachte, war eine Fernsehdokumentation über Jessica Savitch, die erste weibliche Nachrichtenmoderatorin in den USA. Ich fand das ein witziges Setting für eine Komödie, dass es da eine Gruppe von Männern gibt, die versucht, sie fertig zu machen, obwohl diese Frau zehnmal so talentiert und zehnmal so intelligent ist wie sie. Die 70er Jahre sind aber auch eine sehr nostalgiebehaftete Zeit für uns. Mein Regisseur Adam McKay und ich, wir waren damals Kinder, und diese Zeit hat uns stark geprägt.

Und wie war es jetzt bei "Anchorman II". Was war da der Ausgangspunkt für die Geschichte?
Wir hatten eigentlich nie geplant, zu irgendeinem unserer Filme ein Sequel zu drehen. Adam und ich haben nämlich ziemliche Vorurteile, was Fortsetzungen im Kino angeht, weil es so viele neue Ideen für Filme gibt. Als "Anchorman" dann aber zu so einer Art Kultfilm wurde, kam es uns vor, als würde die Geschichte, wie ein guter Wein, mit den Jahren im Regal an Wert gewinnen. Und da reizte es uns mehr und mehr, sie weiterzuspinnen. Auch der Rest des Teams wollte sofort wieder mit dabei sein und dann fanden wir zum Glück einen Plot, der uns gefiel. Alles in allem hat die ganze Sache dann neun Jahre gedauert.

Die meiste Zeit von "Anchorman II" über treten Sie im Quartett auf. Als Komiker scheinen sie eher Teamspieler als Einzelkämpfer zu sein?
Wenn ich mir als Kind die Comedy-Show "Saturday Night Live" angeschaut habe, mochte ich immer, dass es dort so viele verschiedene Komiker gab. Und auch in den Spielfilmen, die ich damals sah, wie "Caddyshack" oder "Meatballs", spielte immer ein ganzes Ensemble an Komikern nebeneinander. Ich sage jetzt nicht, dass die Jim-Carrey-Filme, die dann später kamen, schlechter wären, aber sie waren etwas anderes, weil Carrey eben die ganze Zeit über im Zentrum steht und den Film ganz allein vorantreiben muss. Adam und ich wollten immer eine Gruppe witziger Figuren nebeneinander haben. Für das Publikum ist es auch unterhaltsamer, einer Mannschaft zuzusehen, wie sie den Ball weitergibt und nicht einem Einzelnen, der eine Solo-Show abliefert. Ich arbeite so nicht nur am liebsten, sondern glaube auch, dass Ensemble-Filme eine längere Lebensdauer haben und auch in zehn oder zwanzig Jahren noch funktionieren.

Wie sieht der gemeinsame Schreibprozess mit Adam McKay aus? Schicken sie sich ihre Entwürfe per E-Mail hin und her oder sperren sie sich tatsächlich zusammen in einem Raum ein?
Wir sitzen tatsächlich zusammen am Tisch und arbeiten dann sechs bis acht Stunden am Tag. Manchmal reden wir über alles Mögliche und schreiben nichts, und an anderen Tagen bringen wir gleich zehn Seiten aufs Papier. Den Luxus, so zu arbeiten, gönnen wir uns.

Haben Sie das Gefühl, dass Komödien gegenüber Dramen noch immer den Kürzeren ziehen und nicht wirklich ernst genommen werden?
Das ist eine Tatsache und die lässt sich überall, wo Filmpreise verliehen werden, beobachten. Ich werde oft gefragt, ob ich finde, dass es bei den Oscars eine eigene Kategorie für Komödien geben soll. Das finde ich nicht, weil man Komödien als gleichwertig mit Dramen betrachten soll. Das heißt jetzt nicht, dass jedes Jahr eine Oscar-würdige Komödie herauskommt, aber alle paar Jahre gibt es die sehr wohl. Es ist interessant, dass Kritiker diese Vorbehalte gegenüber Komödien haben. Unter Schauspielern gibt es die gar nicht. Alle Charakterdarsteller, denen ich jemals begegnet bin, haben nämlich den größten Respekt vor Komödien.

Von Ihnen stammt ja auch der Ausspruch, dass Komödien, wenn sie gut funktionieren, nicht wie Arbeit aussehen?
Ja, und das ist wahrscheinlich auch Fluch und Segen der Komödie. Es schaut immer aus, als hätten alle einen Riesenspaß. Das stimmt natürlich auch, aber darüber hinaus steckt in einer guten Komödie eine Menge Hirnschmalz.

Sie spielen häufig unsympathische Typen. Wie gelingt es Ihnen, ihre eigene Figur nicht zu hassen?
Ich hatte einmal ein Gespräch mit einer Studio-Chefin, in dem sie meinte, dass Komödienfiguren unbedingt sympathisch sein müssten. Für sie war das ein fest stehendes Gesetz des Kinos. Ich war damals angewiesen darauf, dass sie bei einem Projekt von mir einsteigt und deshalb nahm sie wahrscheinlich an, dass ich ihr zustimmen würde. Ich habe ihr aber vehement widersprochen. Als Beispiel erzählte ich ihr von einer Figur, die ich damals gerade in einem TV-Sketch gespielt hatte. Es war ein Vater, der zuerst von seinen Kindern verlangt, sie sollen ihrer Oma am Telefon ein Geburtstagsständchen singen und sie dann immer wieder unterbricht und ihnen vorhält, dass sie furchtbar klingen. Auf dem Papier las sich das wirklich gemein, der Sketch war aber ein voller Erfolg, weil das Verhalten des Vaters so absurd war. Ich habe immer gemeine und unangenehme Zeitgenossen gespielt und aus irgendeinem Grund sind sie beim Publikum immer gut angekommen.

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