Integration: Das Miteinander am Arbeitsplatz
Was ist zu tun im Ramadan? Darf bzw. muss der Chef tolerieren, wenn ein Mitarbeiter im Fastenmonat nicht voll arbeiten will? Mit solchen Fragen befasst sich das Interkulturelle Zentrum in Wien und hilft Firmen, Wege zu finden, wie verschiedene kulturelle Identitäten am Arbeitsplatz Platz haben.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 10.3.2014
In großen Unternehmen bereits Alltag
Heute ist vielen Unternehmen klar, dass es ohne das Wissen, wie man mit unterschiedlichen Kulturen umgeht, nicht mehr geht, sagt Mari Steindl, Leiterin des interkulturellen Zentrums in Wien. "Wenn man zum Beispiel im Kindergartenbereich schaut, dann ist dort Essen – also wie es um die verschiedenen religiösen Essensvorschriften steht – ein Thema. In anderen Bereichen, wo es beispielsweise um Produktion geht, gibt es wieder andere Fragestellungen", so Steindl.
In großen internationalen Unternehmen ist diese interkulturelle Kompetenz längst Alltag, sagt auch die Personalchefin des Arbeitsmarktservice, Iris Appiano-Kugler. Firmen auf Mitarbeitersuche wissen, dass sie sich damit beschäftigen müssen. Grundsätzlich gelte es, sich auf sachliche Kriterien, auf Qualifikation und Kompetenz, zu konzentrieren. "Alle unsachlichen Kriterien, im Sinne der Gesetzgebung, haben in einem Recruiting-Prozess bzw. einem Aufnahmeverfahren nichts verloren." Migration oder Geschlecht dürften also keine Rolle spielen, wenn alle anderen Kompetenzen den Anforderungen entsprechen, so Appiano-Kugler.
Kompromisse gefragt
Auch beim AMS ist interkulturelle Kompetenz für die etwa 5.000 Mitarbeiter Pflicht, sagt die Personalchefin, und sie werde auch dringend gebraucht. "Wir haben mit Menschen aus anderen Kulturkreisen zu tun, wo es beispielsweise nicht üblich ist, dass man Frauen als Autoritätspersonen erlebt, die einem sagen, wo's lang geht." Sie wisse von Situationen, wo beispielsweise Mitarbeiterinnen nicht die Hand gegeben wurde oder Männer für ihre Frauen sprechen wollten. "Das ist in unserem System nicht vorgesehen, wir wollen mit unseren Kundinnen und Kunden direkt sprechen", zieht die Personalchefin eine Grenze für das interkulturelle Verständnis auf.
In vielen Betrieben sorgt die Religionsausübung für Missstimmung, berichtet Mari Steindl: beispielsweise, wenn jemand während der Arbeitszeit einige Male am Tag beten oder im Ramadan nicht voll arbeiten will. Da sind Kompromisse gefragt, Arbeitgeber müssten aber nicht alles tolerieren. Steindl: "Man kann jetzt nicht sagen: 'Ich arbeite einen Monat lang nicht, weil ich aus religiösen Gründen faste'. Das ist immer ein Ausverhandeln." Man komme nicht umhin, die religiöse Praxis im Arbeitsleben zu berücksichtigen, wenn man Menschen als gesamte Person ernst nehmen wolle, so die Expertin. Andererseits müsse man aber nicht alles akzeptieren.
Lösungen im Vorhinein entwickeln
Dass Konflikte gar nicht erst aufkommen, dafür können Unternehmen sorgen, sagt Mari Steindl. Als Beispiel nennt sie das Wiener Allgemeine Krankenhaus, wo es etwa eigene Gebetsräume für unterschiedliche religiöse Gruppen gibt. "Es gibt große Unternehmen, die bereits einen sehr entspannten Umgang mit diesem Thema haben. Dort wurden bereits Praktiken entwickelt, wie konkret damit umgegangen werden kann", so Steindl.
Generell seien interkulturelle Fragen in großen Unternehmen einfacher lösbar – in kleinen sei es umso wichtiger, sich das Miteinander auszuhandeln.
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