Mediales Echo auf Hartmanns Entlassung

Das Burgtheater hat es heute auf die Titelseiten aller heimischen Tageszeitungen geschafft und auch die internationalen Feuilletons reagieren zahlreich auf Hartmanns abrupten Abgang. Eine Presserundschau.

Burgtheater

(c) APA/HELMUT FOHRINGER

Kulturjournal, 12.03.2014

Schon die Schlagzeilen lassen es erahnen: Die Kulturressorts der Tageszeitungen finden wenig Bedauerliches an Hartmanns Entlassung: "Der tiefe Fall des Burg-Herrn", "Hartmann fliegt aus der Burg" oder "Ein Schönwetterkapitän wird gefeuert" ist da zu lesen.

Ähnlich ungeschönt auch die Kommentare im Blattinneren. Als ein "sündteures Intermezzo" bezeichnet etwa Norbert Mayer in "Die Presse" rückblickend die Ära Hartmann. Als Direktor, der es vielen Leuten leicht machte, ihn nicht zu mögen, beschreibt ihn Ute Baumhackl in der "Kleinen Zeitung" und bemerkt weiter: "Er hat mit entsprechendem Trara ein großes Ego im Burgtheater geparkt, er hat den Supersanierer gegeben und seine Wahnsinnscoolness zelebriert, indem er bei Premieren vor dem Vorhang noch rasch teure Witzchen erzählte. Er hat sich gern teure Gäste geleistet und etliche Stars des Ensembles spazieren geschickt; kurz, er hat den Obermacker markiert."

Versöhnlicher liest sich Hedwig Kainbergers Kommentar in den "Salzburger Nachrichten", die vor allem auf Hartmanns zahlreiche Premieren und tolle Schauspieler verweist. Und auch Guido Tartarotti im "Kurier" beurteilt Hartmanns Inszenierungen als "kraftvoll und angenehm unideologisch".

Rätsel um Nachfolge

Wie der "Kurier" geht übrigens auch die "Wiener Zeitung" bereits einen Schritt weiter und stellt die Frage nach möglichen Hartmann-Nachfolgerinnen oder -Nachfolgern schon auf der Titelseite: Martin Kusej, Thomas Oberender, Karin Baier, oder doch Sven-Eric Bechtolf? Das Namenskarussell dreht sich schon, so der "Kurier".

Kritik & Zynismus in deutschen Feuilletons

Herbe Kritik und nur sporadisch ein zynisches Abschiedslächeln erntet Hartmann in den deutschen Feuilletons. Als Egozentriker wird er etwa von Wolfgang Kralicek in der "Süddeutschen Zeitung" bezeichnet, dessen Karriere nun einer "klassischen Tragödie" gleiche und der bis zuletzt wenig Größe zeigte: "Es ging ihm nur noch darum, seinen Kopf zu retten. Mein Königreich für ein Pferd."

Auch Gerhard Stadelmaier in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" nennt Hartmann einen Egomanen, der im Burgtheater einen "bunten Gemischtwarenladen" eingerichtet habe, "querbeet vom feinsinnig Psychologischen übers grob Alberne bis hin zu Blut und Hoden". Man frage sich, wozu die Verschwendung teurer Produktionen und Schauspieler gut war, so Stadelmaier, und: "Am Ende war ihm alles wurscht geworden - mit Ausnahme von sich selbst."

Lob für Ostermayer

Karin Cerny in der "Welt" prophezeit nach Hartmanns Abgang vor allem den Anwälten und Rechtsberatern goldene Zeiten. In gleichsam entspannt zurückgelehnter Haltung erklärt sie: "Wie bei jedem guten Krimi überschlagen sich die Ereignisse kurz vor dem Finale". Als er in die Enge getrieben wurde, habe Hartmann wie gewohnt wild um sich geschlagen und die Verantwortung von sich gewiesen.

Positiv fällt ihr Urteil zu Kulturminister Josef Ostermayer aus: "Ostermayer, der sein Amt am 1. März antrat, begann seine Amtszeit nämlich erstaunlich schnörkellos, man könnte fast sagen, total unösterreichisch." Durchwegs positiv ist das Echo auf Ostermayers Entscheidung auch in den übrigen Kulturredaktionen in und außerhalb Österreichs.

Unmut über Springer

Unverständnis und Missmut herrscht hingegen darüber, dass Bundestheater-Holding-Chef Georg Springer bislang vergleichsweise glimpflich aus der der Affäre aussteigt. Andrea Schurians Kommentar in "Der Standard":

"Dass Hartmann, der dem Burgtheater ein Besucherplus bescherte, gefeuert wird, während Georg Springer Geschäftsführer der Bundestheaterholding bleibt und nur seine Aufsichtsratsposten in den Töchtergesellschaften zurücklegt, ist ein Treppenwitz: Der geniale Netzwerker hat in beiden Funktionen kläglichst versagt."

Der Fall des "Scheinriesen"

Nikolaus Merck vergleicht im Online-Portal "Nachtkritik" den Ex-Burgtheaterdirektor mit dem prahlerischen "Zampano" aus Fellinis Film "La strada", hinter dem sich bloß ein "Scheinriese" verberge, der am Ende an seiner Hybris und seiner Inkompetenz scheiterte. Allerdings, so Mercks hämische Schlussfolgerung: Zeiten, in denen die Scheinriesen aus dem Amt gehen müssen, sind prinzipiell keine schlechten Zeiten.