Die fabelhafte Welt der Nerds und Geeks

Nerdikon

"Während der Begriff "Nerd" ursprünglich negativ, insbesondere im Sinne von sozialer Isolation besetzt war, hat er sich unter Computerspielern und -freaks zu einer selbstironischen Eigenbezeichnung gewandelt", ist in Wikipedia zu lesen. Wem diese Erklärung nicht ausreicht, der kann mehr über Nerds in Stefanie Mühlstephs Buch erfahren.

Wer weiß besser über Nerds Bescheid als ein Nerd? Die junge deutsche Autorin Stefanie Mühlsteph arbeitet hauptberuflich bei einem Entwickler von Brems- und Sensorsytemen in der Automobilbranche. Sie hat Elektro- und Informationstechnik studiert und wurde davor bei "Jugend forscht" mit dem Preis für die "beste physikalische Arbeit eines Mädchens" ausgezeichnet. Eckdaten einer klassischen Nerd-Existenz also, wie auch ihre aktuelle Lieblingsbeschäftigung, das Häkeln von Yoda-, Wookie- und Ewok-Püppchen.

Stefanie Mühlsteph bekennt offenherzig, in der "Welt der Streber" zu Hause zu sein und diese jetzt ausführlich, aber stets mit einem charmanten Augenzwinkern, allen "Normalbegabten" erklären zu wollen.

Nerds als Heroen

Die Schlachtplatte der Stereotype ist angerichtet: Nerds sind schmächtig, tragen Cordhosen, karierte Pullunder und natürlich Hornbrillen - viele, so wird vermutet, obwohl sie Brillen gar nicht bräuchten. Nerds ernähren sich hauptsächlich von erkaltenden Pizzas, Chips und Cola. Nur wenn die Nahrungsquellen versiegen, wagen sie sich aus ihren sicheren, weil sozial abgeschotteten Kammern, wo sie die meiste Zeit damit verbringen, Quellcodes in den Computer zu hacken. Soweit das Klischee.

Doch Nerds haben sich entwickelt, seit die Bezeichnung in den 1970er Jahren erstmals aufgetaucht ist. Es gibt inzwischen sogar Nerds, die zu Heroes mutierten. Ein Typus, über den Stefanie Mühlsteph schreibt:

Damit sind Nerds gemeint, die zu den reichsten Menschen der Welt gezählt werden: Bill Gates, Mark Zuckerberg oder der Google-Mitbegründer Larry Page.

Vom Computer ins Fernsehen

Von der Aufwertung des Computers vom schlichten Arbeitsgerät zum Alltag-bestimmenden Tool haben scheinbar auch jene profitiert, die diese Entwicklung ermöglicht haben: Das Image der Computerfreaks hat sich wesentlich geändert. Vor allem Fernsehserien wie "The Big Bang Theory" zeigen, dass man mittlerweile erkannt hat, dass die Macken der Computer-Freaks sogar das Zeug dazu haben, ein Massenpublikum zu unterhalten. Selbst der Physik-Nobelpreisträger George F. Smoot bewundert die Serie. Der Physiker und Astronom Phil Plait bestätigt gar, dass er Wissenschaftler kenne, die den fiktiven Charakteren der Fernseh-Serie "erschreckend ähnlich" seien.

Nerds von A bis Z

Aber wie wird man eigentlich zum Nerd? Reicht es, rund um die Uhr am Computer zu hocken, "Star Trek"-Dialoge auswendig zu lernen, eingeschweißte Comics-Hefte zu horten und sich Kleidung bei Humana zu besorgen? Oder anders gefragt: Kann man Nerd-Punkte sammeln wie im Computerspiel "Die Sims"? So einfach sei es natürlich nicht, meint das selbsternannte Nerd-Mädchen Stefanie Mühlsteph, und auch nicht erstrebenswert. Auf den Schulhöfen sei es immer noch nicht "cool", Nerd und damit Außenseiter zu sein. Meist träfe man erst in der Universität auf Gleichgesinnte.

Wer aber Nerds besser verstehen, beziehungsweise seine eigenen "nerdigen" Anteile präzise ausloten will, dem hilft das Kapitel "Des Nerds Liebstes - von A bis Z". Hier findet man kurz und bündig Wissenswertes von A wie Abkürzungen bis Z wie Zauberpony.

Alles klar? Selbst Leser, denen Sailor Moon, Häkelpüppchen und Superhelden zu kindisch sind, finden in "Nerdikon" Fakten, die für jeden Internet- und Social-Media-User interessant sind. Über den Krieg der Browser erfährt man hier ebenso Wissenswertes, wie über den Chaos Computer Club, Crowdfunding, Cyberwars, 3D-Drucker, Emoticons und Quellcodes. Abgerundet wird die witzige Entdeckungsreise in die Welt der Nerds mit viel Unterhaltsamem aus der Kategorie nutzloses Wissen:

und kuriose wissenschaftliche Fragestellungen:

Enzykopädien auf zwei Beinen

"Nerdikon" ist ein liebenswertes Plädoyer dafür, sich diese vermeintlichen Langweiler, die sich den ganzen Tag hinter ihren Bildschirmen verstecken, einmal näher anzusehen, Interessantes an Menschen zu finden, die man oft nur dann interessant findet, wenn sie einem bei einem lästigen Computerproblem weiterhelfen.

So, und jetzt werden Sie sich vielleicht fragen: Moment, ich kenne doch eine Menge Menschen, die "was mit Computern" machen, aber keine Rollkragenpullover tragen und sich alles andere als verklemmt durchs Leben bewegen. Gut beobachtet, würde Ihnen nun Stefanie Mühlsteph entgegnen, hierbei handelt es sich um einen klassischer "Geek". Im Unterschied zum Nerd agiert der Geek als extrovertierte "Enzykopädie auf zwei Beinen", kann anmaßend und ausschweifend in seinen Erläuterungen sein und verdingt sich vorzugsweise als Ich-AG in der sogenannten Kreativ-Wirtschaft. Ganz ähnlich wie der Hipster. Aber das ist nun wirklich eine andere Geschichte.

Service

Stefanie Mühlsteph, "Nerdikon. Die fabelhafte Welt der Nerds und Geeks", Schwarzkopf & Schwarzkopf