Gratis-Zahnspangen: Wer bekommt eine?
Diese Woche ist im Parlament die Gratiszahnspange für Kinder und Jugendliche beschlossen worden - ab Juli kommenden Jahres übernimmt die Krankenkasse die Kosten für Zahnspangen, vorausgesetzt es liegt eine erhebliche Fehlstellung vor. Wer aber trifft die Entscheidung, ob eine medizinische Notwendigkeit vorliegt und was genau ist eine erhebliche Fehlstellung?
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 28.3.2014
Beispiel Niki Lauda
Überbisse, verkehrte Überbisse und Kreuzbisse - das sind die häufigsten Fehlstellungen, die mit Zahnspangen korrigiert werden. "Erheblich" sind sie dann, wenn sie ein gewisses Ausmaß erreichen, sagt Claudius Ratschew von der Zahnärztekammer und bringt das Beispiel eines deutlichen Überbisses: "Sehr weit nach vor stehende Frontzähne des Oberkiefers, ich sag einmal: Niki Lauda. Die Zähne müssen mehr als sechs Millimeter Abstand zur Schneidekante der Unterkieferzähne haben. Sie können da mit einem Bleistift untern reinfahren." Somit ist man in "Grad vier" auf einer fünfteiligen Skala, und die Krankenkasse übernimmt künftig die Kosten für eine Zahnspange.
Gleiches gilt für sogenannte Kreuzbisse und umgekehrte Überbisse: "Normalerweise sollte es im ganzen Mund so sein, dass die Oberkieferzähne weiter außen stehen als die Unterkieferzähne. Das heißt, dass sie sozusagen eine Schachtel haben. Der Oberkiefer ist der Deckel von der Schachtel, und der Unterkiefer das Unterteil. Der Überbiss ist, wenn es umgekehrt ist."
Problematische Einteilung
Hat das Kind dadurch Sprach oder Kauprobleme zahlt die Kasse die Spange hier schon ab einer Fehlstellung von einem Millimeter. Ist die Fehlstellung geringer, also Grad eins bis drei auf der fünfteiligen Skala, dann werden die kosten dafür auch künftig nicht übernommen. Genau das kritisiert die Zahnärztekammer. Ratschew schätzt, dass die meisten Patienten in Kategorie drei einzureihen sind. "Und dann haben sie die ganzen Übergangsformen zwischen Grad drei und vier. Jeder Mensch ist ein eigenes Individuum, man kann sie nicht in Klassen einteilen."
Irgendwo muss man eine Grenze ziehen, kontert Bernhard Wurzer vom Hauptverband der Sozialversicherungen. Man habe nun eine Maßnahme gesetzt für Kinder, die so starke Schiefstellungen haben, dass es ein medizinisches Problem darstellt. "Diese Maßnahme ist nicht dazu da, dass jeder, der ein bisschen einen schiefen Zahn hat, eine Gratiszahnspange bekommt." Und außerdem, so Wurzer, würden auch Mischfälle berücksichtigt - wenn also ein Kind etwa Über- und Kreuzbiss hat. Die endgültige Entscheidung über die medizinische Notwendigkeit würden die Kassen treffen mit ihren beratenden Zahnärzten.
Kassen-Chefärzte entscheiden
Der voraussichtliche Ablauf, so Wurzer: Die Zahnärzte werden die Zahnspangen beantragen und die Anträge an die Kassen schicken. Die Chef-Zahnärzte in den Kassen bewilligen das dann - oder auch nicht.
Die Verhandlungen zwischen Zahnärztekammer und Hauptverband über die Umsetzung der Gratiszahnspange starten Anfang April.