"Nymphomaniac 2" läuft in Kinos an
Kaum ein Film hat heuer bisher größere Diskussionen ausgelöst als Lars von Triers „Nymphomaniac“: das Portrait einer sexsüchtigen Frau mit Charlotte Gainsbourg und Stellan Skarsgard in den Hauptrollen. In die Kinos kommt der Film in zwei Teilen. Teil eins ist Ende Februar angelaufen, Teil zwei startet diese Woche.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 02.4.2014
Zu Beginn von Teil eins findet der Einzelgänger und Büchermensch Seligman eine Frau zusammengeschlagen in einem Hinterhof. Er nimmt sie zu sich in seine Wohnung und Joe beginnt aus ihrem Leben als sexsüchtige Femme Fatale zu erzählen. Seligman-Darsteller Stellan Skarsgard hat „Nymphomaniac“ als wilde Gedankenflut des Regisseurs beschrieben, als ob Lars von Trier sein Gehirn genommen und damit eine Leinwand bemalt hätte. Und bildhafter könnte man diesen Film kaum beschreiben.
Lars von Trier verpackt die sexuellen Erfahrungen seiner Protagonistin, ihre Erinnerungen daran in formal immer wieder variierende Szenen. Er spielt mit unterschiedlichen Bildformaten, mit der Farbgebung und inszeniert jede Erinnerung entsprechend der Gefühlswelt seiner Protagonistin. Eine Stilisierung die es ihm erlaubt, in der Radikalität der Bilder und Inhalte immer weiter zu gehen.
Bewusstwerden der Sexsucht
Dementsprechend ist jetzt Teil zwei auch weit verstörender als Teil eins: Joe muss sich in immer extremere Situationen begeben, um überhaupt etwas empfinden zu können. Der Film erzählt nun vom Bewusstwerden der Sexsucht, wie Joe damit umgeht, zwischen Beruf und Elterndasein. Und wieder werden dabei alle sexuellen Erfahrungen in den Dialogen mit Seligman, durch dessen kulturhistorische Einwürfe auf eine metaphorische und fast schon abstrakte Ebene gehoben, auf der letztlich auch gesellschaftliche Moralvorstellungen und Konstruktionen verhandelt werden.
Für ihn sei der Film auch Ausdruck von Lars von Triers Frustration über eine Gesellschaft voller Tabus, meint Stellan Skarsgard dazu. Lars von Trier selbst äußert sich seit seinem Nazisager in Cannes und dem folgenden Eklat ja nicht mehr öffentlich zu seinen Filmen.
Brechen mit pornografischen Klischees
Jedenfalls wirkt auch nach „Nymphomaniac 2“ jeglicher Pornografie Vorwurf absurd. Die Sexszenen bedienen hier keinen billigen Voyeurismus. Und immer wieder wird - auf fast schon humorvolle Art und Weise - mit pornografischen Klischees und Erwartungshaltungen gebrochen. Ein Humor allerdings, der einem im Hals stecken bleibt.
Charlotte Gainsbourg hat kürzlich in einem Interview gemeint, dass in der gekürzten Kinofassung dabei einige große Momente fehlen würden. Man darf also noch gespannt sein auf den Director‘s Cut. Denn die Kürzungen sind zwar mit Lars von Triers Einverständnis, nicht aber unter seiner Aufsicht vorgenommen worden.