EU-Linke: Spitzenkandidat Alexis Tsipras
Angela Merkel leistet heute in Athen ihrem Parteifreund und griechischen Premierminister Antonis Samaras Wahlkampfhilfe. Umgekehrte Wahlkampfhilfe liefert die deutsche Kanzlerin aber auch der Extrem-Linken. Alexis Tsipras ist Spitzenkandidat der Europäischen Linken bei den Europawahlen und sein Wahlprogramm ist der Gegenentwurf zur Sparpolitik der in den Programmländern. In Brüssel betreibt Tsipras auch in der ORF3-Diskussionsrunde Inside Brüssel EU-Wahlkampf.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 11.4.2014
Beste Chancen
In Griechenland hat Alexis Tsipras bereits umgerührt - jetzt versucht er dieses Experiment in Europa. Das von ihm angeführte Linksbündnis Syriza hat in Griechenland die etablierten Parteien, die er für den Beinahe-Staats-Bankrott und die soziale Not in seinem Lande verantwortlich macht ab, längst abgehängt. Umfragen zufolge hätte Tsipras derzeit beste Chancen, Ministerpräsident zu werden. Auch als Spitzenkandidat der Europäischen Linken fürs Amt des EU-Kommissionspräsidenten wirbt er mit dem Gegenentwurf zur Austeritätspolitik: "Die Europäischen Völker haben eine große Chance etwas zu ändern. Sie haben die Möglichkeit so zu wählen, dass die Regierungen ihrer Länder gezwungen werden, die Politik der Austerität zu ändern. Diese Politik war kriminell für die Völker und katastrophal für die Perspektiven der europäischen Einigung. Also der Europäische Wähler hat am 25. Mai die Chance, ein starkes Signal zu senden."
Absichtsvoller Sparzwang
Alexis Tspiras versucht eine europäische Allianz gegen die Politik der starken Eurostaaten zu schmieden - Europa ja, aber anders und zwar nach seinen Vorstellungen, lautet Tsipras Parole. Die Austeritätsmaßnahmen wie etwa in Griechenland hätten keineswegs zur Genesung der Wirtschaft beigetragen: "Unsere Schulden lagen vor dem Rettungsprogramm bei 120 Prozent und heute betragen sie 175 Prozent der Wirtschaftsleistung. Wegen der Schulden konnten wir Griechen nicht mehr an den Kapitalmarkt - das haben wir jetzt wieder gewagt mit größeren Schulden. Das beweist doch, dass die Programme für Griechenland nicht das Ziel hatten, die Schulden abzubauen, sondern uns eine Sparpolitik aufzuzwingen, Arbeitsverhältnisse aufzulösen und aus den Südländern eine prekäre Arbeitszone zu machen."
Echo in Südländern
Süd gegen Nord - nationalstaatliche Souveränität gegen Einmischung von außen, von Europa. Das Konzept Tsipras fällt vor allem in jenen Südländern auf fruchtbaren Boden, die den Druck der Euroretter zu spüren bekommen. In Italien haben sich Linksfraktionen gar zur Allianz "Das andere Europa mit Tsipras" zusammengeschlossen. Und auch europaweit hat der 39jährige Grieche erstaunlichen Rückhalt.
Die ansonsten keineswegs geschlossene Europäische Linke hat Alexis Tsipras bei ihrem Parteikongress mit 85 Prozent zum Spitzenkandidaten gekürt. Dass Tsipras EU-Kommissionspräsident werden könnte ist höchst unwahrscheinlich, doch mit ihm könnten die Linken im Europaparlament zur drittstärksten Fraktion aufsteigen. Nach Brüssel zieht es Alexis Tsipras allerdings nicht - er brauche die Griechische Sonne sagt er scherzend nach dem Interview.
Und warum sollte er sich auch mit der Funktion eine Europaparlamentariers zufrieden geben, wo er doch derzeit beste Chancen hat nach den nächsten Wahlen in Griechenland als Premierminister hervorzugehen. Dann könnte er mit Angela Merkel und Co am Tisch der Staats- und Regierungschefs sitzen.
TVThek
Übersicht
- EU-Wahl 2014