Im Dienste der Peristaltik der Stadt
Die Rolltreppenmonteure
Jeden Morgen befördern Rolltreppen Massen an frisch gekämmten Stadtbewohnern hinab, in die Unterführungen und U-Bahnlinien der Stadt. Abends dann hieven sie den zerknitterten, vom Arbeitsumtrieb abgekauten Bürger wieder hinauf auf sein privates Straßenniveau und speien den unter Tag eilig verzehrten Passanten liebevoll zurück auf den Asphalt.
8. April 2017, 21:58
Was den menschlichen Innereien versagt bleibt, nämlich eine Nacht lang Pause zu machen um sich generalsanieren zu lassen, wird Rolltreppen im öffentlichen Raum zuteil. Es gibt einige wenige Firmen in Österreich, die vertraglich befugt sind, das Exoskelett der stählernen Fahrtreppen zu öffnen und tief drinnen, am offenen Herzen der Antriebe zu operieren.
Nicht nur dann, wenn sich ein Stein im Spalt zwischen den Treppenzähnchen und der Kammplatte verbeißt und so ein automatisches Abschalten der Treppe auslöst. Eingeklemmte Hundepfoten, zu lange Rocksäume, falsch schlafende Vögel fallen ebenfalls in den Zuständigkeitsbereich der "heilenden Berufe" rund um die Rolltreppe, deren fachkundige Vertreter nie weit entfernt sind und per Notsignal herbeigerufen werden können, um mit Schere, Kescher und Beißkorb alle Arten von Hängengebliebenen zu befreien.
Für die Monteure bedeutet jede Rolltreppenwartung ein kleines Abenteuer. Immer gibt es etwas Interessantes im Schacht zu finden. Bei langanhaltendem Schlechtwetter sind es Schirmspitzen und Fetzen von Regenpelerinen, bei Hitze finden sich Sandalen und Schmuck. Eine Sedimentprobe der Zivilisation.
Jede Rolltreppe wird einmal im Monat gewartet, gereinigt und rundum gepflegt. Meistens geschieht das bei Nacht, wenn die natürliche Ruhephase von Stadt, Mensch und ihren Rolltreppen beginnt. Die Anästhesisten heißen Arno Kozel und Alexander Jungwirth, das Narkotikum für die stählerne Speiseröhre der Stadt heißt schlicht: Stromabschalten.