Festwochen: Maeterlincks "Interieurs"

Sonntagabend hat bei den Wiener Festwochen das Stück "Intérieurs" von Maurice Maeterlinck Premiere. Regie führt der französische Altmeister Claude Régy. Hierzulande ist der 91-jährige Régy kaum bekannt, in Frankreich gilt er als radikaler Erneuerer des Theaters. "Intérieurs" in der Regie von Claude Régy vom 11. bis 15. Juni in der Halle G des Wiener Museumsquartiers.

Szene aus "Intérieurs“

(c) Koichi Miura

Morgenjournal, 10.5.2014

Der 1923 in Nimes geborene Claude Régy vertritt ein radikales, minimalistisches Theater, in dem der Schauspieler im Mittelpunkt steht. Es wird wohl kein Zufall sein, dass die größten französischen Schauspieler mit ihm arbeiten oder gearbeitet haben.

Theater der Stille und Leere

"Ein Theater zu machen, das nicht subversiv wäre, das nicht in seinem Kern etwas birgt, das etwas in der Welt explodieren lässt, ist unnötig. Das heißt, dass viele Menschen ihre Zeit vergeuden", so Claude Régy. In seiner Ästhetik lässt er der Stille und der Leere viel Raum, oft spielen seine Stücke in einem Halbdunkel. Er will, dass der Zuschauer sich so selbst seine Bilder schafft.

"Etwas sehr Wichtiges, das von der modernen Astrophysik bestätigt ist, ist dass die Leere nicht leer ist, sondern ihre Energie und ihr Potential hat. Wenn nun ein Partikel in die Leere kommt, dann hängt sich die Energie an es an. Am Theater hat der leere Bühnenraum eine außerordentliche Kraft, die latent da und voll Potential ist", sagt Claude Régy, der von seinen Schauspielern verlangt, dass sie besonders aufmerksam aufeinander reagieren: "Die Schauspieler müssen bereit und entspannt sein, all das zu spüren. Wenn jemand etwa eine Fingerspitze bewegt muss es jeder merken und reagieren, und es spüren." Alles andere, meint Claude Régy, sei Betrug.

Bei Claude Régy steht der Text im Mittelpunkt, und er hat es immer wieder geschafft auch schwierige Texte zu inszenieren - etwa von Marguerite Duras oder Nathalie Sarraute, aber er hat auch Kleist, Handke, Pinter, Sarah Kane oder Pirandello bearbeitet.

"Westliche Zivilisationen sind blind vor dem Tod"

Berühmt schwer zu inszenieren sind Stücke von Maurice Maeterlinck, einem Vertreter des sogenannten Symbolismus in der Literatur. Es sind komplexe poetische Texte die mit unterschiedlichen Bedeutungsebenen spielen. Das Stück "Intèrieurs" Claude Régy schon in den 1980er Jahren mit Erfolg inszeniert. Bei den Wiener Festwochen wird eine Arbeit gezeigt, die er jetzt in Japan mit japanischen Darstellern erarbeitet hat.

Thematisiert wird das Thema Tod in seiner Koexistenz mit dem Leben: "Der Mensch, und vor allem die westlichen Zivilisationen haben sich entschlossen, blind vor dem Tod zu sein. Das heißt, dass sie Angst haben, sodass sie versuchen ihn auszuradieren. Sie leben vom Tod getrennt anstatt Leben und Tod zu verbinden. Sie sind völlig aus dem Gleichgewicht, und da ist es schwer, den Tod zu akzeptieren, schwer zu leben - wenn ich so sagen darf!"

"La Barque le soir"

Die Thematik des Todes wird auch im zweiten Stück, das Claude Régy bei den Wiener Festwochen zeigt, präsent sein - sein vielgelobtes "La Barque le soir" (dt. "Boot am Abend") des Norwegers Tarjei Vesaas: Ein Schiffbrüchiger kämpft gegen das Ertrinken und lässt dabei seine Gedanken und Visionen freien Lauf.

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