"Ukrainisches Tagebuch" zum Maidan
Von den ersten Demonstrationen über die gewalttätigen Auseinandersetzungen bis zur Verlagerung des Machtkampfes in den Osten - der ukrainische Bestsellerautor Andrej Kurkow hat ein "Ukrainisches Tagebuch" veröffentlicht. "Aufzeichnungen aus dem Herzen des Protests" heißt der Band im Untertitel, und im Herzen des Protests, in der Nähe des Maidan in Kiew, ist Kurkow auch zu Hause. Derzeit ist er mit seinem Maidan-Tagebuch auf Europatournee.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 12.6.2014
"Wir haben wieder einmal keine Zukunft", notierte Andrej Kurkow am 21. November 2013 in seinem Tagebuch. An diesem Tag hatte die ukrainische Regierung überraschend beschlossen, das Abkommen mit der EU einzufrieren. Wenige Stunden später beobachtete Andrej Kurkow erste spontane Kundgebungen auf dem Maidan - in unmittelbarer Nähe.
Chronik der Ereignisse
Andrej Kurkow hat die Chronik der Ereignisse festgehalten: die brennenden Barrikaden, die Explosionen der Granaten, das brutale Vorgehen der Miliz gegen die Demonstranten, das politische Tauziehen jenseits des Maidan. Und er schreibt auch über seine bange Unruhe, über Erschöpfung, Ungewissheit und Angst. Es sind Aufzeichnungen aus dem - wie es heißt - "historischen Tornado".
"Poroschenko war beste Lösung"
Er habe lange gehofft, dass aus dem Euromaidan eine politische Partei entsteht, sagt Andrej Kurkow. Zuletzt hielt er die Wahl von Petro Poroschenko zum Präsidenten für die beste Lösung. Poroschenko könne zu jener Integrationsfigur werden, die das Land so dringend braucht, meint Andrej Kurkow. Auch im Osten des Landes wünschten sich die Menschen vor allem eines: Stabilität.
Die Frontlinie in der Ukraine laufe aber nicht nur zwischen Ost und West, sondern auch zwischen Poroschenko, dem der Balanceakt zwischen Russland und der EU gelingen könnte, und der diskreditierten Politikerkaste wie etwa Julia Timoschenko, die die Sprache des Krieges spricht und Putin mit Aggression droht, sagt Andrej Kurkow. Der Schriftsteller übt sich jedenfalls in vorsichtigem Optimismus.
Das Tagebuch endet am 23. April, an Andrej Kurkows 53. Geburtstag mit dem Eintrag: "Alle sind des Wartens auf den Krieg müde, der Drohungen Russlands, der Angst um die Zukunft. Man möchte diese Seite der ukrainischen Geschichte so schnell wie möglich umblättern und zum Happy End kommen!"
Service
Andrej Kurkow, "Ukrainisches Tagebuch", Haymon Verlag