Kreuzfahrtträume

Eine der ersten organisierten Seereisen zum Vergnügen fand im Jahre 1844 statt. Angefahren wurden Vigo, Porto, Lissabon, Cádiz, Gibraltar, Malta, Athen, Smyrna, Konstantinopel und Alexandria.

An Bord waren rund 40 Teilnehmer, darunter auch der Schriftsteller William Makepeace Thackerey, der zwei Jahre später sein Erinnerungsbuch an die Reise veröffentlichte und jedem, der über genug Zeit und Geld verfüge riet, diese Erfahrung zu machen.

Im späten 19. Jahrhundert gab es immer wieder organisierte Schiffsreisen. Mit dem, was wir heute unter Kreuzfahrten verstehen, hatten sie aber nur wenig zu tun, meint Boris Dänzer-Kantof.

Hapags erfolgreiche Idee

Der Mann, der sich berufen fühlte, das zu ändern, hieß Albert Ballin, der junge Direktor der Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft, auch heute noch besser bekannt unter dem Kürzel Hapag. Er ließ in die Schiffe geräumige Kabinen einbauen, stattete diese mit bequemen Kojen, "wirksamen Ventillationsvorrichtungen", elektrischem Licht und eigenem Badezimmer aus. Dazu kamen großzügig angelegte Gesellschaftsräume - und am 22. Jänner 1891 lief der Schnelldampfer "Augusta Victoria" mit 241 Gästen von Cuxhaven zu einer 57-tägigen Mittelmeerkreuzfahrt aus.

Wilhelm II. erklärte bei einem Besuch des Schiffes: "Sorgen Sie dafür, dass unsere Landsleute sich auf hoher See wohlfühlen, dann werden sowohl Ihr Unternehmen, als auch die ganze Nation Nutzen daraus ziehen."

Diese Reise, die als erste moderne Kreuzfahrt gilt, war ein großer Erfolg und wurde bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges jährlich wiederholt. Und bald schon fand die von Hapag geborene Idee unzählige Nachahmer.

Das Essen im Zentrum

Auf einer Kreuzfahrt sieht man vieles, und man kann vieles unternehmen. Damals wie heute steht aber vor allem das Essen im Fokus. Der englische Schriftsteller Evelyn Waugh unternahm 1929 eine Mittelmeerkreuzfahrt an Bord der "Stella Polaris".

Nicht nur das Essen ist eine Attraktion jeder Kreuzfahrt - auch das Trinken ist nicht zu vernachlässigen. Bei manchen Kreuzfahrten ist der exzessive Konsum von Alkohohl sogar der einzige Zweck der Reise. Erfunden wurden diese "cruises to nowhere" - die "Kreuzfahrten nach nirgendwo" - zu Zeiten der Prohibition in den USA. Die Schiffe fuhren auf den Atlantik und kreuzten dort drei, vier Tage, manche sogar eine ganze Woche. Sobald man die erforderlichen drei Seemeilen zurückgelegt hatte und das amerikanische Alkoholverbot nicht länger galt, knallten auch schon die Korken. Diese booze-cruises getauften Zechtouren waren der Beginn eines Trends, der sich bis heute fortsetzt: Es geht nicht mehr ums Ankommen, nein das Schiff selbst in die Attraktion.

Boomende Reisen

Lange Zeit waren Kreuzfahrten den Reichen vorbehalten. Das hat sich mittlerweile radikal geändert. Kreuzfahrten sind billig - und sie boomen. 1970 noch gab es auf den Weltmeeren ungefähr 500.000 Kreuzfahrttouristen. Heute sind es 20 Millionen. Immer mehr Schiffe werden gebaut und sie werden immer riesiger. Große Schiffe hatten vor einem Jahrzehnt noch 2.000 Gäste an Bord. Heute bietet die "Allure of the Seas" Platz für 6.300 Passagiere und 2.100 Besatzungsmitglieder.

Mit "Kreuzfahrtträume" hat Boris Dänzer-Kantof einen wunderschönen Bildband vorgelegt, der die Geschichte der Schiffsreise vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart darstellt. Das Buch besteht zum Großteil aus alten Fotos - eine kluge Entscheidung, wenn man sich heutige Schiffe ansieht, die mitunter wirken, als wollten die Designer alle Scheußlichkeiten von Las Vegas nochmals überhöhen. Ergänzt wird der Bildband durch einen informativen Text, der die Geschichte dieser Urlaubsform knapp und gut lesbar zusammenfasst.

Service

Boris Dänzer-Kantof, "Kreuzfahrtträume", Deutsch von Regine Schmidt, Knesebeck Verlag

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