Pistorius-Prozess geht zu Ende

Einer des aufsehenerregendsten Prozesse in der jüngeren Geschichte Südafrikas geht heute zu Ende. Monatelang ist Oscar Pistorius vor Gericht gestanden, weil er seine Freundin ermordet haben soll. Seit gestern laufen die Schlussplädoyes.

Mittagsjournal, 8.8.2014

Pistorius "ein Lügner"

Es war ein Prozess, der alle Zutaten hat, die es im Medienzeitalter braucht: einen gefallenen Helden, ein schönes Opfer und viele Widersprüche. Doch selbst nach 39 Prozesstagen und 36 Zeugenverhören steht noch nicht fest, was am Valentinstag 2013 tatsächlich passiert ist. Außer Zweifel steht, dass Oskar Pistorius seine Freundin Reeva Steenkamp durch die geschlossene Badezimmertür erschossen hat. Darüber, wie es zum dem schrecklichen Vorfall gekommen ist, gibt es zwei vollkommen unterschiedliche Versionen.

Für den Staatsanwalt ist klar, Pistorius hat seine Freundin in voller Absicht erschossen. Die Tat habe er geplant und kaltblütig ausgeführt, so Staatsanwalt Gerrie Nel in seinem Abschlußplädoyer. Dass die Darstellung der Vorgänge durch den Beschuldigten "frei von jeder Wahrheit" seien und er im Zeugenstand offensichtlich gelogen habe, das meint Nel im Zuge des bisherigen Prozesses bewiesen zu haben. Die Angaben des Angeklagten wiesen eklatante Widersprüche auf. So habe sich Pistorius nicht vergewissert, ob seine Freundin im Bett war, bevor er geschossen hat. Außerdem ist sie komplett angezogen im Badezimmer gewesen - und es ist eine gepackte Tasche neben dem Bett gestanden. Seine Freundin hätte ihn verlassen wollen - und deshalb habe Pistorius geschossen, so der Staatanwalt. Die Darstellung des Angeklagten, er habe gedacht, ein Einbrecher sei im Badezimmer, sei lächerlich.

Anwalt: Nur fahrlässig schuld

Am heutigen Prozesstag ist die Verteidigung am Wort. Deren Hauptstrategie ist es, die Tatortarbeit der Polizei in Frage zu stellen. Nach Ansicht seines Anwalts sei Pistorius zwar schuldig, aber nur der Fahrlässigkeit. Denn für einen Vorsatz sei die Beweislage viel zu schwach.

Während der 39 Prozesstage ist Pistorius, der stets in seriösem dunklem Anzug und mit Brille vor Gericht erschien, immer wieder in Tränen ausgebrochen, und er hat sich bei der Präsentation von Fotos übergeben müssen. Sollte er wegen Mordes verurteilt werden, drohen ihm bis zu 25 Jahre Gefängnis. Sollte das Gericht auf fahrlässige Tötung befinden, könnte er mit einer Bewährungsstrafe davonkommen. Das Urteil wird in einigen Wochen erwartet.