Roman Schatz erklärt seine Wahlheimat

Gebrauchsanweisung für Finnland

Finnland, Gastland der Frankfurter Buchmesse 2014, kennen nicht viele: dort oben ist es meist finster, es gibt mehr Landschaft als Städte und die Menschen sind ein schweigsames und melancholisches Volk. Der deutsche Autor und Journalist Roman Schatz lebt seit fast 30 Jahren in Finnland. In seiner Gebrauchsanweisung für Finnland erklärt er seine Wahlheimat, deren Bildungssystem Weltspitze ist und deren Sprache kein Geschlecht und keine Zukunft kennt.

Buchcover: Rentiere

"Wenn Schnaps, Teer und Sauna nicht helfen, dann ist die Krankheit tödlich", besagt ein finnisches Sprichwort.

Piper

Egal, wann man vorhat Finnland zu besuchen, die Chance, an einem Beflaggungstag dort zu sein, ist groß. Beflaggt wird gerne und oft, am Tag der Kriegsveteranen, am Tag der finnischen Sprache, am Tag des Gedichts, am Tag der finnischen Literatur, am Tag des Nationaldichters Johan Ludvig Runeberg und am Vatertag.

Schatz sucht nach Erklärungen für dieses Nationalbewusstsein, diesen exzessiven Patriotismus. Und er findet mögliche Antworten in der Geschichte: denn noch immer ist nicht völlig erforscht, woher die Finnen kamen. Und in ihrer jüngeren Geschichte wurden sie lange Zeit von Schweden und Russland dominiert. Erst 1917 erlangte das damalige russische Großfürstentum die Unabhängigkeit, zwei Jahre später kam es zu Gründung der Republik Finnland. Eine junge Republik am Rande Europas mit großem Selbstbewusstsein.

Was macht dieses Land aus? Eine Landschaft, geprägt von Seen, Inseln und Wäldern. Die Hauptstadt Helsinki. Bedächtige und sanftmütige Menschen, der Großteil von ihnen blond. Dunkelrote Holzhäuser mit weißen Kanten und einem Garten rundherum - und einem Saunahäuschen.

Neben der Sauna ist auch der Tango etwas ganz speziell Finnisches. Nachweislich wurde erstmals im Jahr 1913 Tango gespielt, hat der Autor Roman Schatz recherchiert. Es gibt ein Tangofestival, einen Tangokönig und eine Tangokönigin werden dort gewählt. Bei Tanzabenden kommen sich die Menschen näher.

Wohlgemerkt: Finnland ist teuer. Lebensmittel kosten oft doppelt so viel wie bei uns, vom Alkohol ganz zu schweigen. Schwach alkoholische Getränke kann man in Supermärkten kaufen, starke allerdings nur in Geschäften mit dem wenig originellen Namen ALKO. Seit 1932 gibt es diese Monopolgesellschaft. Und neben dem Genuss von Alkohol sind die Finnen auch Weltmeister im Kaffeetrinken.

Was die finnische Küche angeht, zeigt sich Roman Schatz wenig enthusiastisch. Auf den Tisch kommen Fisch und Rentier, dazu Beeren und Pilze. Es gibt den Brotklassiker, das Lochbrot, von dem böse Zungen behaupten, das Loch in der Mitte sei das Beste am Brot. Dafür hat Finnland in Sachen Sport viel zu bieten: die Skispringer Matti Nykänen und Janne Ahonen, oder den Formel 1-Fahrer Kimi Räikkönen. Und in der Kunst sind vor allem zwei Namen international bekannt: der Filmregisseur Aki Kaurismäki und der Architekt Alvar Aalto. Seit den 1950er Jahren ist auch finnisches Design zu einer Marke geworden, heute findet man in einem Helsinkier Viertel an fast jeder Ecke Designgeschäfte.

Roman Schatz ist ein neugieriger Beobachter, mit Witz und Ironie beschreibt er seine Landsleute. Wer vorhat, nach Finnland zu reisen, finden wertvolle Tipps, wer schon einmal dort war, dem werden im Nachhinein viele Eigenarten klar. Da Roman Schatz selbst Deutscher ist, vergleicht er die finnischen Marotten oft mit den deutschen Gepflogenheiten, das ist für österreichisches Publikm manchmal etwas platt, an anderer Stelle aber unschlagbar komisch, wie das Kapitel über den Besuch einer finnischen Sauna in Deutschland. Der gerät zum Desaster, die sehr unterschiedlichen Mentalitäten treffen aufeinander: der Wahlfinne und seine Kinder ergreifen schließlich fluchend die Flucht.

Das Buch macht Lust auf eine Reise nach Finnland, und wie heißt doch in einem finnischen Sprichwort: Das Haus lebt seine Weise. Besucher stören dabei nicht.

Service

Roman Schatz, "Gebrauchsanweisung für Finnland", Piper Verlag, 2014