Muss Deutschland Maut zurückzahlen?

Gegen die deutschen Mautpläne hat Verkehrsminister Alois Stöger (SPÖ) rechtliche Schritte angedroht. Denn nach EU-Recht müsse bei Verkehrsfragen In- und Ausländer gleich behandelt werden. Österreich hat selbst Erfahrung in Maut-Streitigkeiten mit der EU: Nach jahrelangem Konflikt musste Österreich sogar einen Teil der Brennermaut zurückzahlen. Das könnte auch bei der deutschen Maut herauskommen, meint Europarecht-Experte Walter Obwexer.

Mittagsjournal, 31.10.2014

"Europarechtlich problematisch"

Im Jahr 2005 hat der Europäische Gerichtshof die in den neunziger Jahren erhobene Brennermaut als diskriminierend verurteilt. Frächter, die nur einen Teil der Brennerautobahn benützt haben, das waren typischerweise Einheimische, mussten damals weniger zahlen als jene, die die ganze Strecke durchfahren haben, das waren typischerweise LKW im Transit. Diese Konstellation lässt sich nicht direkt mit der geplanten deutschen PKW-Maut vergleichen, sagt der Europarechtsexperte Walter Obwexer von der Universität Innsbruck - meint aber grundsätzlich: "Sehr wohl aber steckt dahinter, in beiden Fällen gleich, der Wille der Union, darauf zu achten, das Vorgaben, die das Unionsrecht macht, nicht verletzt werden. Und die wichtigste Vorgabe ist die Gleichbehandlung aller Unionsbürger."

Hier sieht Obwexer, der im Auftrag des Verkehrsministeriums die deutschen Mautpläne prüfen soll, die europarechtliche Problematik: Zwar soll die Maut elektronisch bei allen Autofahrern abgebucht werden, deutsche Autofahrer allerdings sollen eine Rückvergütung auf die Kraftfahrzeugs-Steuer in Höhe der Maut bekommen. Diese Koppelung führe eben dazu, dass nur Ausländer die Maut zu zahlen haben, "dies erscheint aus unionsrechtlicher Sicht jedenfalls problematisch".

"Belege aufbewahren!"

Verkehrsminister Stöger hat bereits mit rechtlichen Schritten gegen Deutschland gedroht. Das allerdings kann dauern: Denn zunächst muss das deutsche Gesetz in Kraft sein, dann erst kann Österreich die EU-Kommission mit der Angelegenheit befassen. Wenn die nicht selbst gegen Deutschland vorgeht, bliebe der Weg zum Europäischen Gerichtshof - wo ein Vertragsverletzungsverfahren zwei bis zweieinhalb Jahre dauern kann, sagt Walter Obwexer. Und sollte es tatsächlich so weit kommen, wäre ein Urteil erst 2018 zu erwarten. Sollte sich die Maut dann als EU-widrig herausstellen, könnten Betroffene Geld zurückfordern, so Obwexer. Daher sollten alle österreichischen Autofahrer, die deutsche Autobahnen benutzen, die Belege für die Bezahlung der Maut aufbewahren, um dann die Maut zurückzufordern. Auch hier hat Österreich Erfahrung: Nach dem Urteil gegen die Brennermaut wurde eine Rückzahlung 300 Millionen Euro an zu viel bezahlter Maut vereinbart.