Bizets "Perlenfischer" an der Wien

Georges Bizets Oper "Carmen" zählt zu den meistgespielten klassischen Opern weltweit. Seine "Perlenfischer" ("Les pecheurs de perles") hingegen findet man kaum auf den Spielplänen der großen Opernhäuser. Am Theater an der Wien kamen sie gestern zur Premiere - in der Inszenierung von Lotte de Beer, mit Diana Damrau als Leila u.a.: ein Riesenerfolg für alle Beteiligten.

Morgenjournal, 17.11.2014

Die "Perlenfischer" stehen der "Carmen" um nichts an musikalischer Pracht nach - allein die Handlung ist schon sehr an den Haaren herbeigezogen. Vielleicht erlebt man die Oper deshalb eher konzertant als szenisch.

Da lieben Tenor und Bariton den gleichen Sopran, schwören aber zugunsten ihrer Freundschaft Zurückhaltung - was so natürlich nicht klappt: Der Tenor bricht das Versprechen Jahre später auf einer Insel, auf der die drei einander zufällig begegnen. Die beiden Liebenden drohen am Scheiterhaufen zu enden - würde nicht plötzlich zutage treten, dass der Sopran dem Bariton als Kind das Leben gerettet hat, und der nun die beiden rettet. Man kann´s den Opernhäusern nicht verdenken, dass sie Bauchweh bei der Sache haben.

Regisseurin Lotte de Beer hat das ganze nun als Reality-Show aufgezogen unter dem Titel "Perlenfischer -The Challenge" mit allem Drum und Dran. Da wuseln den ganzen Abend hindurch Regisseure, Assistenten, ein Moderator und ein Kamerateam zwischen den Protagonisten herum. Im Hintergrund befinden sich zahlreiche Fernsehzimmer mit votenden Menschen die sich die Reality-Show zu Gemüte führen. Es ist eine Orgie zwischen gewolltem Kitsch und Reality.

Der eigentliche Schauplatz wird während der Arien und Duette oft zur Nebensache - Regisseur und Kamerateam beginnen ein wenig zu nerven. Weniger wäre mehr - ein Gedanke, der der Regisseurin im dritten Akt auch gekommen zu sein scheint: Denn da lässt man die Sänger ein wenig alleine singen.

Ovationen für alle Beteiligten

Die Sänger, das sind Diana Damrau - zurzeit eine der gefragtesten Sängerinnen überhaupt und das zu Recht. Ihr zur Seite stehen - streng genommen die beiden Hauptpartien der Oper - Dmitry Korchak und Nathan Gunn, die im Laufe des Abends überzeugen. Als Nourabad bzw. Moderator ist Nicolas Testé zu hören und am Pult des ORF Radio-Symphonieorchesters Wien steht Jean Christophe Spinosi. Er wie das Orchester ebenfalls zu recht mit großen Ovationen bedacht.

Fazit des Besuchers: Wer eine gut gemachte Persiflage auf Bizets "Perlenfischer" sehen will, der ist im Theater an der Wien gut aufgehoben. Wer das lieber nicht möchte, ist besser beraten, auf eine konzertante Aufführung zu warten. Oder sich die Übertragung in Ö1 anzuhören: Am kommenden Samstag um 19.00 Uhr im Programm Österreich 1.

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