Georg Breinschmid

Die musikalische Bandbreite des Kontrabassisten und Komponisten Georg Breinschmid reicht von Liszt und Mussorgski bis zur Jazzimprovisation. Übermorgen erscheint seine neue CD "Double Brein" - ein Doppelalbum mit neuen, ungewöhnlichen Arrangements klassischer Stücke von Mozart, Bach oder Liszt, und eigenen Kreationen vom Jazz bis zum Wienerlied.

Letzte Woche wurde sein Stück "Promenade" für Blechbläserquintett und Orchester als Auftragswerk des Symphonieorchesters Vorarlberg im Festspielhaus Bregenz uraufgeführt.

Kulturjournal, 26.11.2014

Eine kleine Dachgeschoßwohnung in Wien Hernals: Im Wohnzimmer ein halb ausgepackter Koffer von der letzten Konzertreise, daneben in der kleinen Küche blubbert die Kaffeemaschine. Georg Breinschmid öffnet eine Packung Haltbarmilch, erzählt vom letzten Konzert in Hongkong und von der Uraufführung seiner neuesten Komposition für Blechbläserquintett und Orchester im Bregenzer Festspielhaus. Ein Tourneekalender, zu voll, um frische Milch im Kühlschrank zu haben.

Jazz statt Philharmoniker

Er lebe just von den beiden Dingen, die er nicht gelernt hätte, nämlich Jazz und Komponieren, meint Breinschmid schmunzelnd. Begonnen hat seine Karriere nämlich ganz anders: Nach dem Musikgymnasium in Wien ein klassisches Kontrabassstudium und schließlich eine Stelle bei den Wiener Philharmonikern. Georg Breinschmid hatte geschafft, wovon viele erfolglos träumen - und war damit gar nicht glücklich. Nach knapp zwei Jahren verließ er den Orchestergraben und verschrieb sich fortan ganz dem Jazz. Am liebsten in Klein- und Kleinstbesetzung, zum Beispiel mit dem Trio Brein's Café oder im Duo mit dem Trompeter Thomas Gansch, jedenfalls ohne Schlagzeug und ohne Harmonieinstrumente wie Gitarre oder Klavier - der Kontrabass sei ohnehin rhythmisches und harmonisches Fundament genug.

Komprovisationskunst

Erst viel später kamen zum Jazz und zur Improvisation auch die ersten Eigenkompositionen – viele davon Ergebnisse intensiven "Komprovisierens", wie Breinschmid es nennt, wenn er sich beim gedankenverlorenen Spiel im Wohnzimmer oder am Balkon ganz der Musik hingibt. Weil sich das mit dem voluminösen Kontrabass aber so kompliziert gestaltet, tauscht er ihn in letzter Zeit immer öfter gegen seine Bassgitarre. Auch jetzt legt er den Kontrabass im Wohnzimmer ab und setzt sich mit dem Ebass an den Küchentisch, rückt die Kaffeetasse ein wenig zur Seite und beginnt zu spielen.

Vorliebe für Ungerades

Er hege eine besondere Vorliebe für die ungeraden Takte und Verschiebungen, sagt Georg Breinschmid. Seine Stücke kommen im langsamen 15/8-Groove daher oder schummeln dem 6/8-Takt eines Wienerliedes ganz charmant noch eine siebente Achtel dazu.

Vor zwei Jahren erschien Breinschmids letzte Solo-CD "Fire", Ende 2012 folgte eine Duo-Live-CD mit dem Trompeter Thomas Gansch, aufgenommen im Wiener Konzerthaus. Das neue Album versammelt eine Vielzahl von Kompositionen und Arrangements, die gemeinsam mit insgesamt 25 Künstlerinnen und Künstlern in unterschiedlichsten Formationen entstanden sind.

Rückkehr der Klassik

Und - Georg Breinschmid kehrt damit auch wieder zurück zur Klassik, oder vielmehr umgekehrt: "Ich habe seit letztem Jahr immer häufiger die Klassik eingeladen, wieder zu mir zurück zu kommen." Sie nahm die Einladung an und augenblicklich eine Hälfte des neuen Doppelalbums ein. Zum Beispiel mit Liszts Mephistowalzer, neu eingespielt gemeinsam mit den Brüdern Frantisek und Roman Janoska. "Großteils notengetreu", wie Breinschmid beteuert, auch wenn zwischendurch immer wieder ein Jazzwalzer oder ein verändertes Metrum zu hören seien.

Genre-Kreuzungen

Das Spiel mit musikalischen Zitaten und sprachlichen Kreationen gehört auf beiden CDs zur Grundausstattung. Die Stücke erzählen von Ereignissen aus dem Tourneeleben, von amüsanten Alltagsbegegnungen oder von der Lust an Dadaistischen Wortschöpfungen wie etwa im Titel "Fifteen Schnörzenbrekkers are better than none".

Von musikalischen Grenzen hält der Künstler, dessen Hut vor Jahren zum Markenzeichen wurde, ohnehin wenig. Das spiegelt sich auch in der Covergestaltung wider. Verträumt-melancholisch das Bild auf der Jazz-CD: mitten im See steht er in einem überdimensionalen schwimmenden Hut - alles scheint ihm viel zu groß. Verspielt und buchstäblich ein wenig ver-rückt hingegen das Cover der Classic-CD: Ein voll möbliertes Puppenhaus, in dem er Bass spielt, sich dabei zusieht und sich durchs Guckloch an der Rückwand beim Zusehen zusieht - und alles im Bild ist ein wenig zu klein geraten.

Crowdfunding als Zukunftsmodell

Finanziert wurde die Doppel-CD mit Jazz auf der einen und Klassik auf der anderen Seite mittels Crowdfunding im Internet. Zahlreiche Fans und Freunde beteiligten sich und brachten gemeinsam das nötige Kapital auf, um das musikalisch und optisch anspruchsvoll gestaltete Doppelalbum zu realisieren. Für Breinschmid eine attraktive Möglichkeit um CD-Produktionen unabhängig von Institutionen und Sponsoren zu ermöglichen, "ohne sich dreinreden zu lassen".