Görtschitztal: Tests waren mangelhaft
Im Umweltskandal um hochgiftiges Hexachlorbenzol in Milch aus dem Görtschitztal kommt jetzt massive Kritik von Greenpeace an den Kärntner Behörden. Denn offenbar sind die Abgase der Wietersdorfer Zementfabrik nicht auf giftige chlororganische Stoffe wie HCB getestet worden. Und das ist mit ein Grund dafür, dass die problematische Umweltbelastung erst jetzt bekannt wurde.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 28.11.2014
Die Gefahr durch krebserregendes Hexachlorbenzol musste allen Beteiligten bekannt sein, sagt Greenpeace-Chemiker Herwig Schuster. Denn der Blaukalk, der im Zementwerk Wietersdorf verwendet und gebrannt worden ist, stammt aus einer Deponie der Donauchemie Brückl.
Und die hat jahrzehntelang das Pflanzenschutzmittel Hexachorbenzol HCB hergestellt und bis Anfang der 90er Jahre andere giftige chlororganische Stoffe. Auch im Deponie-Kataster des Umweltbundesamts ist Brückl damit vermerkt. Schuster sagt, seit 2004 sei bekannt, dass an diesem Standort diese Kalkdeponie mit hohen HCB-Konzentrationen vorliege.
Daher sei es unerklärlich, warum Wietersdorf-Werksleiter Berndt Schaflechner gestern gemeint hat, das HCB-Problem sei nicht bekannt gewesen und auch, dass in Wietersdorf laut Schaflechner keine Abgasmessungen betreffend chlororganische Substanzen vorgeschrieben waren. Schuster sagt, "Unserer Meinung nach hätte die Behörde schon eine monatliche oder zweimonatliche Abgasmessung auf HCB vorschreiben müssen."
Abgastests etwa auf Dioxin, Stickoxide, Schwefel und Schwermetalle gab es laut Werksleiter Schaflechner schon - aber ausgerechnet auf Chlor-Verbindungen nicht.
Umweltlandesrat Rolf Holub sagt, darauf sei verzichtet worden - unter der früheren Landesregierung - und zwar weil im Probebetrieb keine chlororganischen Substanzen gemessen wurden. Holub und Greenpeace-Chemiker Schuster vermuten, dass etwa feuchtes Material oder eine unterschiedliche Zusammensetzung des Deponie-Kalks dazu geführt haben, dass die Temperatur im Zementofen nicht gereicht hat zur völligen Zerstörung des HCB. Schuster: "Wir haben den dringenden Verdacht, dass die Behörden ihren Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen sind. Je früher gemessen, desto früher Notbremse."
Weil sich Hexachlorbenzol in der Umwelt und vor allem im Fettgewebe von Tieren immer mehr anreichert, fürchtet der Greenpeace-Chemiker, dass die HCB-Werte etwa in Milch noch steigen könnten und: HCB sei nur ein Schadstoff, es gebe noch andere Verbindungen, nach denen man suchen müsse.
Wenig Bedenken hat Greenpeace was 6 weitere Zementfabriken in Österreich betrifft. Dort werden etwa Altplastik, Altreifen und auch Klärschlamm verbrannt, um Kalk zu brennen. Schuster sagt, das sei in Ordnung, solange genau gemessen werden. Das Verbrennen sei in der Regel die bessere Variante, als den Giftmüll in der Deponie zu belassen.