Der Papst reist in die Türkei

Papst Franziskus reist heute in die Türkei. In Ankara wird der Papst zu Mittag mit Präsident Erdogan und Ministerpräsident Davutoglu zusammentreffen. Morgen fliegt der Papst nach Istanbul weiter. Offizieller Anlass der Reise ist das orthodoxe Andreas-Fest, das Franziskus gemeinsam mit dem ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel Bartholomäus feiert. Die Sicherheitsvorkehrungen sind enorm, etwa siebentausend Polizisten sind im Einsatz.

Morgenjournal, 28.11.2014

Aus der Türkei,

Zum vierten Mal besucht heute ein Römischer Papst die Türkei. Es ist zwar in erster Linie ein Treffen zwischen zwei christlichen Kirchen, denn das Oberhaupt der orthodoxen Kirche residiert im ehemaligen Konstantinopel. Und doch werden von diesem Besuch auch einige politische Akzente erwarten. Immerhin war gegen den Vorgänger von Franziskus in der Türkei noch heftig protestiert worden.

An der Istiklal Caddesi, der längsten Fußgängerzone Europas, liegt etwas versteckt, die katholische Antonius-Kirche. Vor Weihnachten zieht der riesige Christbaum vor der Kirche auch muslimische Besucher an. Seit ein paar Tagen wird auch das Porträt von Papst Franziskus bestaunt, der vom Eingang herunter lächelt: Soll er kommen, wir sind dafür, so ein Mann. Er soll ruhig kommen. Aber jetzt will ich da hineingehen. Und mehr will ich zu diesem Thema nicht sagen, so eine Frau.

Christen machen weniger als ein Prozent der türkischen Bevölkerung aus. Die junge Generation weiß kaum etwas von den Pogromen der späten Fünfziger Jahre, als Zehntausende Griechen und Armenier das Land verließen. Heute stehen ganz andere Konflikte im Vordergrund: Muslime haben vor allen anderen Religionen Respekt, sagt eine junge Frau mit Kopftuch. Wir haben gegen niemanden Vorurteile. Was soll daran negativ sein?

Und doch war beim letzten Besuch 2006 noch einiges anders gewesen. Damals hatten viele Türken gegen den Papst aus Deutschland protestiert. Denn der hatte bei einer Rede in Regensburg einen byzantinischen Kaiser zitiert mit den Worten: ‚Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten‘.

Die damalige Aufregung ist manchen Türken noch in Erinnerung: Das Verhältnis zwischen Katholiken und Muslimen war vielleicht vor ein paar Jahren etwas schlechter, aber heute wir bei uns niemand mehr schlecht angeschaut.

Papst Franziskus auf Einladung des griechisch-orthodoxen Patriarchen von Konstantinopel. Doch zum Auftakt ist für heute ein Besuch bei Präsident Erdogan in dessen neuen, prunkvollen Palast geplant. Dass der starke Mann der Türkei dem Besucher aus Rom viele Fragen stellen wird, glaubt man hier eher nicht: Gespräche sind das nicht wirklich. Er wird ihn höflich empfangen, um der Welt zu zeigen, dass wir ein demokratisches Land sind, in dem jeder seinen Glauben leben kann, ob er Moslem oder Christ ist. Dass hier niemand diskriminiert wird.

Wenn jemand heute in Ankara die Leviten gelesen bekommen wird, dann ist das wohl eher der Papst. Denn schon im Vorfeld hat der türkische Religionsminister, sonst ein zurückhaltender und freundlicher Mann, Kritik an der Rolle der Katholischen Kirche in Europa geübt. Rom würde viel zu wenig gegen die wachsende Islamfeindlichkeit auftreten. Nur jungen Mädchen die Füße waschen, wie das jeder Papst am Gründonnerstag macht, das sei zu wenig.

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