Austrian World Music Awards - Finalisten im Porträt
Nach dreijähriger Pause werden am Samstag die Austrian World Music Awards vergeben: Sechs Gruppen spielen beim Finale im Porgy & Bess um den Hauptpreis. Sebastian Fleischer stellt zwei Finalisten vor: Salah Ammo und Black Market Tune.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 09.12.2014
Bouzouq-Spieler Salah Ammo
Er sei prinzipiell kurdischer Abstammung, musikalisch aber Teil einer weit größeren Familie, meint der aus dem Nordosten Syriens stammende Sänger und Bouzouq-Spieler Salah Ammo. Aufgewachsen ist er an der heute schwer umkämpften gemeinsamen Grenze von Syrien, Irak und der Türkei, einer Region, in der Kurden, Araber, Türken, Armenier und Assyrer jahrhundertelang friedlich nebeneinander lebten. Schon als Kind hat Ammo die Musik dieser Ethnien aufgesogen und ist mit den Jahren zum Profi avanciert.
"Ich habe mir zunächst alles selbst beigebracht. Mit achtzehn bin ich dann ans Konservatorium in Damaskus gegangen", erklärt Ammo im Ö1-Interview. "Für meine Familie war das zunächst ein Schock. Meine Eltern haben sich echte Sorgen um meine Zukunft gemacht. Aber ich hatte den Traum, Musik zu studieren, seit ich als Sechsjähriger begonnen hatte, zu singen und meine eigenen Instrumente zu bauen."
Ein Instrument, das sich in Ammos Heimat praktisch in jedem Haushalt findet, ist die Langhalslaute Bouzouq. Am Konservatorium von Damaskus, in dem vorwiegend abendländische Klassik unterrichtet wird, war Ammo der erste, der sich in seinem Studium auf dieses orientalische Instrument spezialisieren durfte.
2007 gründete Salah Ammo die Joussour Group for Music and Singing, bestehend aus acht Musikerinnen und Musikern verschiedener Ethnien. Die Joussour Group stieg zu einer der wichtigsten Gruppen in Syrien auf. Infolge des Bürgerkriegs sind die Mitglieder heute über mehrere Länder verstreut.
Salah Ammo ist ohne seine Familie zunächst nach England geflüchtet und über Umwege nach Österreich gekommen. Die syrische Bevölkerung sei zwischen die Fronten eines schmutzigen Spiels internationaler Mächte gekommen, sagt der Musiker; sie sei gleichermaßen Opfer des Assad-Regimes und der IS-Miliz. Wenn er lese, wie wenige Flüchtlinge die westliche Welt im Vergleich zur Türkei, zum Libanon oder zu Ägypten bisher aufgenommen habe, mache ihn das traurig.
Auch nach Österreich konnten Ammos Frau und Kinder bisher nicht nachkommen. Doch zumindest ist eine neue musikalische Freundschaft enstanden: Mit dem Perkussionisten und Obertonsänger Peter Gabis bildet er seit vergangenem Jahr ein Duo. Die Kompositionen der beiden sind zart und nachdenklich, gleichzeitig aber hoch emotional.
"Es geht uns nicht nur um die Musik", so Ammo. "In uns beiden brennt auch der Wunsch, in einer besseren Welt zu leben. Peters tiefer, meditativer Zugang zur Musik drückt auch meine derzeitige Gefühlslage sehr gut aus. Ich kann nichts geben, was ich nicht habe, und derzeit geht es auf der Welt eben nicht sehr fröhlich zu."
Die Authentizität in der Musik von Salah Ammo und Peter Gabis hat auch die Jury des Austrian World Music Award überzeugt. Am Samstag tritt das Duo im Porgy & Bess beim Finale an - zusammen mit Formationen wie etwa Black Market Tune.
Black Market Tune
Neu-keltische Klänge, vermengt mit Jazz und einer feinen Portion American Songwriting vermengen sich in den Stücken des schottisch-österreichischen Quartetts. Als Sängerin tritt die Wienerin Mira Lu Kovacs in Erscheinung, die dank ihrem Bandprojekt Schmieds Puls in der heimischen Popszene keine Unbekannte mehr ist. Als Brückenbauer zwischen den britischen Inseln und Mitteleuropa fungiert allerdings der Geiger und Sänger Paul Dangl. Als Sohn eines Folkclub-Besitzers in Waidhofen an der Thaya hat er den Folk schon in frühen Jahren inhaliert.
Als Teenager habe er einiges ausprobiert, sagt Dangl. Ein Beleg für seine musikalische Mehrsprachigkeit findet sich in den Archiven des Austrian World Music Awards: Als Teil der Worldmusic-Band Nim Sofyan war er 2004 deren erster Gewinner. Ein einjähriger Aufenthalt in Glasgow führte den Musiker dann doch zu seinen Folk-Wurzeln zurück. Im Zuge des Aufenthalts lernte er auch den Akkordeonisten John Somerville kennen, mit dem er später Black Market Tune gründete.
Derzeit ist Black Market Tune dabei, die Parallelen zwischen österreichischer und schottischer Volksmusik auszuloten. Polkas etwa gebe es da wie dort, und auch sonst fänden sich in Rhythmus und Harmonie erstaunliche Gemeinsamkeiten, sagt Dangl.