Kiew und Separatisten tauschen Gefangene aus

Es ist das bisher einzige, greifbare Ergebnis der gestern abgesagten Ukraine-Friedensgespräche. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion hat der mit den prorussischen Separatisten vereinbarte Austausch von Kriegsgefangenen in der Ostukraine begonnen.

Mittagsjournal, 27.12.2014

370 Gefangene sollen freikommen

Im Niemandsland wenige Kilometer nördlich der Rebellen-Hochburg Donezk: Auto-Schweinwerfer beleuchten eine verlassene Straße. Die Kriegsgefangenen treffen in Kleinbussen ein. Ein Offizier verliest jeden einzelnen Namen. Insgesamt 370 Gefangene sollen ausgetauscht werden, 146 davon ukrainische Soldaten.

Laut OSZE-Beobachtern erfolgt der Austausch in der Nacht zunächst in Zehnergruppen und soll auch heute noch andauern. Es sind Männer und auch einige Frauen in Zivilkleidung mit großen Tragtaschen. "Das ukrainische Militär hat mich an einem Kontrollpunkt verhaftet. Heute genau vor einem Monat", sagt eine Frau. "Sie haben uns wie gewöhnliche Kriminelle behandelt, einfach ins Gefängnis gesteckt. Kein Gericht hat uns angehört", sagt ein Mann.

Gorbatschow ruft zu Gesprächen auf

Mehr als 4.700 Menschenleben haben die Kämpfe in der Ostukraine seit ihrem Ausbruch gefordert. 1.000 Menschen sind seit Inkrafttreten des brüchigen Waffenstillstands im September getötet worden. Waffen und Soldaten aus Russland haben die Krise aus Sicht des Westens verschärft. Der ehemalige sowjetische Staatschef Michael Gorbatschow hat gestern Russland und die USA eindringlich zu Gesprächen aufgerufen: "Wenn jemand meinen offenen Brief an die Präsidenten Putin und Obama gelesen hat: Ich habe sie zu ernsthaften Verhandlungen aufgefordert, egal wie lange das dauert - Stunden/ Tage/ zwei Tage - damit diese gefährliche Situation nicht weiter eskaliert."

Ein Aufruf, der ungehört zu verhallen scheint. Die für gestern geplanten Friedensgespräche zwischen ukrainischer Regierung, pro-russischen Rebellen und Vertretern der OSZE in der weißrussischen Hauptstadt Minsk sind abgesagt worden und der Ton zwischen Russland und dem Westen wird immer schärfer.