AGES warnt vor Gefahren bei Selbstmedikation

Selbstmedikation ist weit verbreitet - nicht immer will man wegen Kleinigkeiten einen Arzt aufsuchen oder die Apothekerin um Rat fragen. Viele greifen dann auch zu Kräuterpräparaten - auch für ihr Wohlbefinden: Abnehmpillen, Schlafhilfen oder ähnliches gibt es in jedem Drogeriemarkt. Das Problem dabei: Was eine erwünschte Wirkung hat, hat oft auch unerwünschte Neben- und Wechselwirkungen.

Mittagsjournal, 29.12.2014

Andere Spielregeln für Nahrungsergänzungsmittel

Man liest es in Magazinen oder bei Recherchen zu eigenen Wehwehchen im Internet: Da gibt es Johanniskraut gegen Depressionen, Gingko fürs Gedächtnis, Mariendistel, Weinlaub, Baldrian - irgendein Kraut ist gegen alles gewachsen.
Und manche davon haben eine durchaus starke Wirkung. Auch pflanzliche Arzneimittel werden daher in Österreich streng kontrolliert.

Aber nicht alles, was so aussieht, ist tatsächlich ein geprüftes Arzneimittel, erklärt Reinhard Länger von der Medizinmarktaufsicht der österreichischen Gesundheitsagentur AGES: "Arzneimittel erkennt man ja daran, dass sie auf der Verpackung eine Zulassungs- oder Registrierungsnummer haben. Das haben andere Produkte nicht - Nahrungsergänzungsmittel, diätetische Lebensmittel, Medizinprodukte, was auch immer - da gelten halt andere Spielregeln, als für Arzneimittel."

Vorsicht vor Wechselwirkungen

Gibt es keine eindeutigen klinischen Daten und behauptet der Hersteller nicht, mit dem Präparat Krankheiten zu therapieren, darf etwas nicht als Arzneimittel eingestuft werden. Dabei können auch Nahrungsergänzungsmittel hochdosiert pflanzliche Extrakte enthalten und die Wirkung anderer Arzneien beeinflussen, indem sie etwa den Stoffwechsel anregen wie bei Johanniskraut oder durch ihre gewollte Wirkung wie bei Abführtees, "weil es zu einer zu schnellen Darmpassage kommt und die Arzneimittel gar nicht resorbiert werden können. Es gibt auch Abführmittel, die im Darm quellen. Die können andere Arzneistoffe einfach binden", sagt Länger.

Wechselwirkungen betreffen aber hauptsächlich die langfristige Einnahme großer Mengen: "Interaktionen mit einer Standardtherapie sind nach einer einmaligen Einnahme eines pflanzlichen Produktes höchst unwahrscheinlich."

Online-Präparate oft mangelhaft

Pflanzliche Wirkstoffe sollte man sich trotzdem in Arzneimittelqualität in der Apotheke besorgen, empfiehlt Reinhard Länger von der Medizinmarktaufsicht. Immer mehr Menschen würden aber günstige Präparate zum Beispiel online bestellen: "Die meisten Nebenwirkungsmeldungen, Interaktionsmeldungen, die wir bekommen, stammen aus Bereichen in der Welt - Asien, Vereinigte Staaten - wo diese Produkte nicht so reguliert sind wie bei uns. Dann steht wunderbar drauf, dass das zum Beispiel Johanniskraut sein sollte, aber die Erfahrung zeigt, dass die Qualität von diesen Produkten oft sehr mangelhaft ist."

Wer langfristig Kräuterpräparate zu sich nimmt, sollte auf jede Befindlichkeitsstörung achten und im Zweifel medizinischen Rat einholen.