Aufstand gegen Präsidentin Kirchner
Mehr als 400.000 Menschen haben gestern in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires an einem Schweigemarsch teilgenommen. Sie verlangen Aufklärung über den Tod des Staatsanwaltes Alberto Nisman, der vor einem Monat war erschossen aufgefunden worden war.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 19.2.2015
Aus Buenos Aires,
War es Mord oder Selbstmord? Nisman hatte gegen die argentinische Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner ermittelt und wirft in seinem Bericht an das argentinische Parlament der Präsidentin vor, die Untersuchungen über einen Anschlag auf ein jüdisches Gemeindezentrum behindert zu haben.
Tod unaufgeklärt
„Justicia“ - Gerechtigkeit, das forderten gestern hunderttausend Demonstranten, die sich trotz strömenden Regens im Zentrum von Buenos Aires eingefunden hatten. In der ersten Reihe die Mutter und die Töchter des toten Staatsanwaltes Alberto Nisman, sowie dessen Ex-Frau, die Richterin Sandra Arroyo Salgado. Diese sah sich bereits im Vorfeld zu einer Erklärung verpflichtet: hinter ihrer Teilnahme würden keine politische Motive stecken: „Wir befinden uns ja gerade ein einem politisch heiklen Jahr, aber ich stehe weder auf Seiten der Regierung, noch auf Seiten der Opposition.“
Denn rund um den Schweigemarsch war ein innenpolitischer Streit entbrannt. Ursprünglich sollte es eine Gedenkveranstaltung werden, organisiert von ehemaligen Kollegen des Staatsanwaltes. Doch schon bald unterstützten mehrere Oppositionsparteien den Aufruf. Wohl kein Zufall, denn im Herbst wird in Argentinien gewählt. Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner darf selbst nicht mehr antreten, die konservative Opposition hofft jedoch, dass der Skandal rund um den rätselhaften Tod von Nisman der peronistischen Partei von Fernandez de Kirchner eine Wahlniederlage bescheren werde.
Kritik am Schweigemarsch übte hingegen eine Gruppe von argentinischen Intellektuellen in einem offen Brief. Der Schriftsteller Mempo Giardinelli hält den Marsch für politischen Opportunismus: „Ich bin fest überzeugt: vielen der Initiatoren der Kundgebung, ist das Schicksal von Staatsanwalt Nisman völlig gleichgültig. Sie benutzen den Fall für ihre eigenen Zwecke und das finden wir verwerflich.“
Die Regierung selbst spricht von einem „Versuch, das demokratische System zu destabilisieren". Doch für Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner wird es immer enger: Vergangene Woche hat die argentinische Staatsanwaltschaft offiziell Ermittlungen gegen sie aufgenommen. Die Präsidentin soll Untersuchungen der Justiz gegen iranische Regierungsmitglieder behindert haben, um Erdölgeschäfte mit dem Iran nicht zu gefährden. Die argentinische Justiz vermutet ja den Iran hinter einem Anschlag auf ein jüdisches Gemeindezentrum in Buenos Aires im Jahr 1994 – mit 85 Toten. Offenbar wollte auch Staatsanwalt Alberto Nisman einen Haftbefehl gegen die Präsidentin erwirken. Viele Argentinier glauben, die Regierung habe den Staatsanwalt ermorden lassen. Die Autopsie-Ergebnisse deuten auf Suizid hin. Die wahren Hintergründe des Todes von Alberto Nisman bleiben weiterhin im Dunkeln.