Israel: Netanjahus Wahlsieg

Die konservative Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die vorgezogene Parlamentswahl in Israel gewonnen. Nach Auszählung von 99,5 Prozent der Wahllokale kommt der Likud-Block auf 30 der 120 Parlaments-Sitze, das Mitte-Links-Bündnis Zionistische Union kam auf 24 Sitze. Oppositionsführer Isaac Herzog gestand seine Niederlage Mittwoch früh ein und gratulierte Netanjahu zum Sieg.

In Israel steht Benjamin Netanjahu vor seiner vierten Amtszeit. Er hat die Parlamentswahl überraschend deutlich gewonnen; noch kurz vor der Wahl hat es nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Mitte-Links-Bündnis Zionistisches Lager von Jizchak Herzog ausgesehen. Doch zuletzt hat Netanjahu noch eine bemerkenswerte Aufholjagd hingelegt, wohl mit der Kernbotschaft an seine Wähler: mit mir gibt es keine Zwei-Staaten-Lösung. Der Vorsprung der konservativen Likud-Partei scheint aber auch die Partei-Strategen zu verblüffen.

Mittagsjournal, 18.3.2015

Aus Tel Aviv,

"Er ist ein Zauberer", sang das begeisterte Parteivolk im Likud-Hauptquartier in Tel Aviv, als Benjamin Netanjahu nach Mitternacht strahlend und winkend auf der Bühne auftauchte. Und der Premier, der zuletzt schwer angeschlagen gewirkt hatte, scheint wirklich ein Auferstehungswunder vollbracht zu haben. Den ersten Hochrechnungen zufolge hatte er binnen weniger Tage den deutlichen Rückstand auf das linksliberale Bündnis unter Jizchak Herzog wettgemacht. Völlig verblüfft war man dann am Morgen, als die echten Ergebnisse vorlagen. Es ist nicht bloß ein Gleichstand, sondern der Likud hat mit 30 zu 24 Mandaten die Herzog-Partei ganz deutlich distanziert. In der Nacht hatte Herzog seinem Publikum noch Hoffnungen gemacht - man solle erst die Stimmenauszählung abwarten, und am Ende würde doch er die Regierung bilden. Aber jetzt ist sogar Reuven Adler, Herzogs Kampagne-Stratege, sprachlos und macht Bibi Netanjahu Komplimente: Es ist einfach passiert, das Volk hat entschieden – diesmal hat halt der Likud das große Los gezogen, und alle Achtung für Bibi.

Nach Erklärungen wird man noch viel suchen. Ein Faktor kann sein, dass die Parole "Nur nicht Bibi" letztlich den gegenteiligen Effekt erzielt hat – viele bekamen das Gefühl, dass die Medien und die politischen Gegner Netanjahu in übertriebener Weise persönlich verunglimpfen. Und sicher hat auch eine Art Kampagne-Blitzkrieg, den Netanjahu in den letzten Vier Tagen vor der Wahl geführt hat, große Wirkung gehabt. Er hat das rechte Lager da regelrecht alarmiert und aufgescheucht mit der Botschaft: wenn ich verliere, dann bringt die Linke das Land in Gefahr. In der Siegesrede gab er sich dann schon wieder etwas staatsmännischer: Die Bürger Israels erwarten von uns, dass wir rasch eine verantwortungsbewusste Führung bilden, die für sie arbeiten wird, und das werden wir tun.

Aber Netanjahu wird es trotz des von ihm proklamierten "großen Sieges" nicht leicht haben, eine Koalition zusammenzukratzen. Er wird sich zuerst an seine natürlichen Partner bei den rechten und religiösen Parteien wenden. Er braucht sicher auch die neue Zentrumspartei des früheren Likud-Ministers Mosche Kachlon, der gegen die hohen Preise und die Monopole ankämpft. Staatspräsident Reuven Rivlin hat noch in der Nacht gesagt, dass er gerne eine große Koalition mit Einschluss der Arbeiterpartei sehen würde, aber die muss erst ihre Niederlage verdauen. Eines ist sicher: Israel bekommt einen neuen Außenminister – die Partei des Rechtsaußen Avigdor Lieberman ist nämlich auf sechs Mandate abgestürzt.