Cybermobbing: "Mut kommt mit dem Handeln"

Herabwürdigungen, Drohungen, Spott: Immer mehr Kinder und Jugendliche werden mit Erniedrigungen konfrontiert, vorzugsweise online via Facebook oder anderen sozialen Medien. Die Politologin Claudia Lenz arbeitet im Auftrag des Europarats seit Jahren mit Lehrkräften, Schülern und Eltern an Strategien gegen solche "Hassreden" im Internet. Am 30. April kommt sie für einen Workshop nach Wien.

Mittagsjournal, 25.4.2015

Ungeschriebenen Gesetze auch online etablieren

Wenn ein Mensch abgewertet wird mit dem Ziel, ihn letztlich zu entmenschlichen, spricht man von einer Hassrede. Hassreden hat es auch in der Vergangenheit schon gegeben, durch das Internet aber haben sie eine neue Dynamik bekommen. Innerhalb kürzester Zeit können erniedrigende, hasserfüllte Einträge ein breites Publikum erreichen.

Internet und reale Welt: Hier gelten noch immer nicht die gleichen Verhaltensregeln, sagt Claudia Lenz, die im Auftrag des Europarats am norwegischen Wergeland Center zu Hassreden forscht. Deshalb sei es so wichtig, "dass man diese Art von ungeschriebenen Gesetzen des Umgangs miteinander auch für soziale Medien und Internet nach und nach etablieren muss."

Dabei setzt Claudia Lenz auf die Kinder und Jugendlichen selbst. Sie dazu zu motivieren, aktiv gegen Hassreden und Schmähungen aufzutreten, sei auch aufgrund des geänderten Medienverhaltens so wichtig, sagt die Forscherin: "Die sind nicht mehr nur passive Empfänger wie früher mit Fernsehen und Zeitungen. Sie produzieren. Und dementsprechend müssen sie in den Bildungsansätze eine ganz zentrale Rolle als Akteure einer anderen Kultur im Netz bekommen."

Lernen, aktiv zu widersprechen

In ihren Workshops werden beispielsweise Rollenspiele vermittelt, durch die Bewusstsein für diskriminierendes Verhalten geschaffen werden kann. Schimpfwörter werden auf ihre Bedeutung analysiert und in einen geschichtlichen Zusammenhang gestellt. Das Ziel: Jugendliche sollen ein Gefühl dafür entwickeln, wie Hassreden funktionieren, und aktiv werden, denn "es ist nicht so, dass diese Äußerungen unglaubliche Zustimmung kriegen, sondern dass ihnen nicht widersprochen wird und damit bleiben die stehen", sagt Elke Ziegler.

"Eine wichtige Kompetenz, die wir mit unserer Bildungsarbeit erreichen wollen, ist, zu widersprechen, wenn man nicht damit einverstanden ist. Viele ziehen sich einfach zurück." Der Mut kommt mit dem Handeln, sagt Claudia Lenz, die im Rahmen der Aktionstage Politische Bildung am 30. April auch einen Workshop für Lehrerinnen und Lehrer in Wien halten wird. Ihnen komme die wichtige Aufgabe zu, in der Schule ein Klima zu schaffen, in dem sich Schüler mit ihren Anliegen gut aufgehoben fühlen.

Und auch die Eltern werden immer wieder einbezogen, denn die traditionelle Grenze zwischen Schule und Familie existiert nicht mehr. Spott und Drohungen können via SMS oder Internet-Eintrag rund um die Uhr ihr Opfer erreichen.