Simon Stone im Gespräch
Er gilt als einer der gefragtesten Jungregisseure: Der 31-jährige Australier Simon Stone, der mit seinen Klassiker-Neuschreibungen zum Star wurde. Nun ist er mit einem Ibsen zu Gast in Wien und zeigt als Koproduktion von Burgtheater, Wiener Festwochen und dem Theater Basel seine Version von "John Gabriel Borkman".
26. April 2017, 12:23
Mit seiner preisgekrönten Bearbeitung von Ibsens Wildente, die als "Wild Duck" 2013 auch bei den Wiener Festwochen zu sehen war, wurde Stone international bekannt.
Mittagsjournal, 27.5.2015
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Wiener Festwochen - John Gabriel Borkman
Stücke zu entkleiden und ihnen ein zeitgemäßes Gewand zu verpassen, ist Simon Stone zu wenig: Er skelettiert sie, bis nichts mehr übrig ist, als ein grobes Handlungsgerüst und die Charaktere. Dann belegt er sie mit Frischfleisch - sprich heutigen Themen, einer alltäglichen Sprache und haucht ihnen Leben ein.
Erwartungshaltungen brechen
"Normalerweise modernisiert man mittels Regie und neuen Bildern. Ich will aber zu den neuen Bildern nicht den alten Text liefern, sondern auch die handelnden Personen in eine Zeitmaschine setzen und ins Heute holen", erklärt Simon Stone. "Ich will zeigen, dass ihre Konflikte und Probleme dieselben sind wie damals. Das gelingt mit einer zeitgenäßen Sprache besser."
Auf diese Weise hat sich Simon Stone vielen Werken genähert: Tschechows "Kirschgarten", oder "Drei Schwestern", Wedekinds "Frühlings Erwachen" oder Senecas "Thyestes". Die Referenzen auf die alten Stücke sind ihm wichtig, weil er gerne die Erwartungshaltung des Publikums bricht und sie zum Diskutieren anregen möchte.
Warum ins Theater?
"Wir sollten wieder darüber reflektieren, warum wir ins Theater gehen", betont der Regisseur. "Wir leben in einer Zeit, wo jeder Text, jede Geschichte, jeder Film immer und überall zugänglich ist. Selbst auf der Straße können wir alles abrufen und sofort mit anderen teilen. Was aber selten geworden ist, ist, dass Menschen gemeinsam in einem Raum zusammenkommen und über ihr Menschsein reflektieren. Früher hat man das in der Kirche getan oder bei Gemeindeveranstaltungen, aber das wird weniger. Das Theater schafft diesen Raum und die Möglichkeit für diese Art Ritual. Hier beansprucht es seine Einzigartigkeit - das ist nicht zu ersetzen."
Simon Stones Theater ist für den Augenblick gedacht - für diese Zeit diese Bühne und diese Schauspieler. Theater soll überraschen und dann vorbei sein. Deshalb will er seine Texte auch nicht von anderen Regisseuren auf die Bühne gebracht wissen. Die sollen lieber das Original verwenden - und etwas eigenes Neues draus machen. Mit der "Borkman"-Besetzung aus Birgit Minichmayr, Martin Wuttke oder Caroline Petters ist Stone sehr zufrieden.
Vorteil Europa
Im Herbst kehrt Simon Stone in die Stadt seiner Kindheit zurück: nach Basel, wo er 1984 als Sohn australischer Eltern geboren wurde. 24 Jahre später kehrt er an den Ort seiner Kinderjahre zurück: als Hausregisseur ans Schauspielhaus Basel unter dem neuen Intendanten Andreas Beck. Ein Kreis schließt sich - und Europa biete einfach mehr Möglichkeiten als das konservative Australien:
"In Australien soll Theater möglichst so sein wie immer und möglichst nah am Original dran. Mich ermüdet diese immer gleichen Diskussionen, ob ich überhaupt das Recht habe, ein Stück umzuschreiben oder zu interpretieren. Im deutschsprachigen Theater ist das Neue Grundvoraussetzung - ja Pflicht - und hier heißt die Frage nicht mehr - ist das neu, sondern ist das gut oder nicht."
Ist das gut oder nicht - diese Frage kann sich das Festwochen-Publikum ab Donnerstag im Akademietheater stellen. Dort hat Stones Version von "John Gabriel Borkman" ab Donnerstag im Akademietheater.