Blatter: Der Rücktritt nach der Wiederwahl

Noch vor ein paar Tagen hätte vermutlich kaum jemand darauf gewettet, dass die Ära von Sepp Blatter als FIFA-Präsident bald zu Ende ist. Gegen viele Widerstände und trotz neuer Korruptionsermittlungen auch gegen hohe FIFA-Funktionäre in seiner unmittelbaren Umgebung ließ sich Blatter am vergangenen Freitag zum fünften Mal hintereinander zum Präsidenten wählen. Gestern Abend schlug dann die Ankündigung vom Rücktritt Blatters wie eine Bombe ein.

Das Namensschild von Joseph S. Blatter

APA/EPA/ENNIO LEANZA

Mittagsjournal, 3.6.2015

Manchmal kann es ganz schnell gehen. Noch vor Kurzem hat FIFA-Präsident Blatter Journalisten wissen lassen, er sei noch längst nicht am Ende, weil eine Aufgabe nie zu Ende geht. Jetzt ist er doch am Ende - jedenfalls am Ende seiner FIFA-Laufbahn. Auch wenn er das Präsidentenamt noch interimistisch ausübt, bis in einigen Monaten ein neuer Präsident gewählt werden kann.

Seine Entscheidung hat nichts, aber auch gar nichts mit den kursierenden Anschuldigungen zu tun, schreibt Blatters Tochter Corinne noch gestern Abend als SMS an die schweizerische Boulevard-Zeitung Blick. Und eröffnet damit den Spekulationsreigen um die Ursachen für die große Überraschung.

Blatter selbst sprach nur davon, dass er nicht die ganze FIFA hinter sich sieht: Ich habe zwar ein Mandat der FIFA, aber nicht von der ganzen Welt des Fußballs. Daher lege ich mein Amt auf einem außerordentlichen Wahlkongress zurück.

Dass diese Begründung für den Rücktritt die ganze Wahrheit ist, glauben ihm aber nur wenige. Sehr viel wahrscheinlicher ist, dass die Verhaftungen vor dem FIFA-Kongress in Zürich vergangene Woche, die Ermittlungen in den USA und der Schweiz wegen der Vergabe vergangener und künftiger Weltmeisterschaften Blatter zu nahe gekommen sind. Er wird zwar nirgends als Beschuldigter, ja nicht einmal als Zeuge angeführt, die üblichen Äußerungen eines FIFA-Präsidenten zur Verteidigung der diversen Fälle könnte ihm aber juristische Schwierigkeiten einbringen, wird gemutmaßt.

Bisher war Blatter trotz mehrfacher Skandale immer ungeschoren und ohne Gerichtsverfahren oder Gerichturteil davon gekommen. Jetzt soll aber auch das amerikanische FBI gegen ihn ermittelt haben. Wolfgang Niersbach, Präsident des deutschen Fußball-Bundes, sagt, die Entscheidung war überfällig, aber: mit dem Rücktritt seien nicht alle Probleme gelöst, aber damit könne man jetzt beginnen.

Über die Hintergründe war und ist offenbar auch das FIFA-Exekutivkomitee, das höchste Gremium, nicht informiert. Greg Dyke vom britischen Verband meint, jetzt könne man endlich suchen, wo das Geld versickert sei.

Russlands Sportminister hat bereits wissen lassen, die Weltmeisterschaft in seinem Land sei von all dem nicht betroffen. Ob die Winter-WM in Katar bleibt, wird jetzt wohl neu diskutiert.