"Ajax & Little Iliad" im Schauspielhaus

Die kanadische Theaterproduktion "Ajax & Little Iliad" hat morgen im Rahmen der Wiener Festwochen Österreichpremiere. Das Stück basiert auf zwei Tragödien von Sophokles - "Ajax" und "Philoktetes" - und behandelt die Beweggründe, als Soldat in den Krieg zu ziehen sowie die Folgen und Spuren, die ein Kriegseinsatz, zum Beispiel in Afghanistan, hinterlässt.

Szene aus "Ajax & Little Iliad"

Trevor Schwellnus

Kulturjournal, 3.6.2015

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Wiener Festwochen - Ajax & Little Iliad

Nach vielen Jahren hören zwei ehemalige Schulfreunde erstmals via Skype wieder voneinander. Der eine will endlich ein gemeinsames Theaterprojekt von damals, die "Kleine Ilias", realisieren; der andere hat vor, als Soldat nach Afghanistan zu gehen. Zwei völlig verschiedene Lebenskonzepte also, die da aufeinander prallen und Auslöser für den ersten Teil der Handlung, "Little Iliad" sind.

Die Vorlage für dieses Stück habe er im eigenen Bekanntenkreis gefunden, erzählt Evan Webber: "Einige meiner Freunde aus der Kindheit gingen in den Krieg und das zu einer Zeit, als die sozialen Netzwerke Leute wieder zusammenbrachten, die sich Jahre lang aus den Augen verloren hatten. So erfuhr ich von Menschen aus meiner Vergangenheit, die nun Dinge machten, die völlig konträr zu meinen künstlerischen Projekten standen."

Dialog zwischen Schauspieler und Videoprojektion

Webber sitzt allein auf der Bühne vor dem Bildschirm, auf seinem Schreibtisch steht eine kleine Plastilinfigur, auf die das virtuelle Gegenüber projiziert wird. Die Zuschauer wohnen diesem rekonstruierte Skype-Gespräch über Kopfhörer bei. Das Zusammenspiel zwischen voraufgezeichnetem Video- und Live-Aktion auf der Bühne verleihe dem Stück eine spezielle Lebendigkeit, so Webber. "Ich habe das Gefühl ständig gegen die Forderung anzukämpfen, das Theater müsse sich von den Medien befreien", erzählt er. "Dieses Stück ist ein gutes Gegenbeispiel, denn für mich ist es nicht weniger lebendig und essentiell als wenn eine lebende Person mit mir auf der Bühne stünde."

Vor dem Hintergrund der altgriechischen Dichtung wird die Skype-Diskussion zu einer Reflexion über unterschiedliche Ideologien und Lebensentwürfe. Im Zentrum steht die Frage, warum jemand freiwillig in den Krieg zieht. Keine zwei Menschen hätten jemals aus demselben Motiv ihren Kriegsdienst angetreten, sagt Frank Cox-O'Connell, das ergab die Recherche der beiden für ihr Stück.

Kunst und Krieg zur Weltveränderung

Aber oft seien die Beweggründe denen, ein Theaterstück zu schreiben und aufzuführen, erstaunlich ähnlich. "Es ist derselbe naive Grund, aus dem ich als junger Mensch Kunst machen wollte", so Webber: "der Versuch, die Welt gemeinsam friedlicher und gerechter zu machen. Es geht generell darum, die Welt zu einem besseren Ort zu machen."

Die Beweggründe für Kunst und Krieg mögen ähnlich sein, die Auswirkungen divergieren mitunter gewaltig. Und am Ende kommen beide doch wieder zusammen, wenn das eine zu heilen vermag, was das andere verursacht hat. "Wir haben 'Ajax' und 'Philoktetes' in unsere Arbeit hineingenommen, weil wir vom amerikanischen Theaterprojekt 'Theater of War' hörten, das die klassischen griechischen Kriegserzählungen zur Rehabilitation von Menschen verwendet, die nach dem Militärdienst an posttraumatischer Belastungsstörung leiden", so Evans und Cox-O'Connell.

Wege zum Krieg und aus dem Krieg nach Hause

"Ajax & Litle Iliad" ist ein Abend in zwei Teilen. Es geht um die Wege, die in den Krieg führen und die Erfahrung, die man daraus mitnimmt, die Katastrophe dazwischen wird bewusst ausgelassen. Stattdessen sollen mit den Mitteln der Erzählung, Interaktion und Reflexion die heutigen Dimensionen des alten Epos ergründet werden.

Das Skype-Gespräch im ersten Teil, "Little Iliad" bricht an dem Punkt ab, als Troja im Krieg fällt. Im zweiten Teil, "Ajax", treten zwei Soldaten auf, die im trojanischen Krieg kämpften. Vor ihnen ein Schlachtfeld nach dem Krieg, der wahnsinnig gewordene Held Ajax hat sich das Leben genommen, die beiden arbeiten die traumatischen Kriegsgeschehnisse in einem teils skurril-witzigen Dialog auf, während das Publikum wie der Chor in der griechischen Tragödie gegenüber sitzt.

Webber und Cox-O'Connell haben für ihre Produktion ein sehr antiaristotelische Form des Theaters gewählt, aber die Erzählung erlaube Assoziationen und Querverbindungen herzustellen und wie in der Methode des "Theater of War" wird der altgriechische Text als Vorlage genutzt, um über grundlegende Themen des Lebens zu reflektieren.

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