Wien: Politdebatte um Wohnungskäufe
Es ist kein Zufall, dass die Vorwürfe gegen den prominentesten Vertreter des Sozialen Wohnbaus in Österreich jetzt laut werden. Karl Wurm steht der SPÖ nahe, die FPÖ hat sich mehr als einmal auf ihn eingeschossen und ihn als Wohnbau-Bonzen bezeichnet. In Wien läuft der Wahlkampf und bei der SPÖ steht das Thema Wohnen im Mittelpunkt. Wurms Wohnungskäufe sind Wasser auf die Mühlen der Opposition. In der SPÖ und bei anderen Gemeinnützigen-Vertretern überwiegt Verständnis für den GEWOG-Chef. Aber nicht nur.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 18.6.2015
Die SPÖ ist im Sozialen Wohnbau in Wien stark verankert. Sei es über direkte Beteiligungen, über Anteilsgesellschaften oder wie im Fall der GEWOG über eine Gewerkschaft. Die Bau-Holz-Gewerkschaft ist dort Mehrheitsgesellschafter, Bau-Holz-Vorsitzender ist der SPÖ-Abgeordnete Josef Muchitsch. Und er reagiert auf die Kritik an Karl Wurms Wohnungskäufen verhalten. Alles sei rechtlich korrekt abgelaufen, und werde halt jetzt im Wahlkampf ausgepackt, so Muchitsch gegenüber dem Mittagsjournal. Und was die Optik betreffe, wenn ein Kaufmann im eigenen Laden kaufe, das sei Anschauungssache. Ins Mikrofon wollte der Gewerkschaftschef das nicht sagen.
Verständnis zeigen auch andere Vertreter des Sozialen Wohnbaus wie Alfred Kollar, Landesobmann der Gemeinnützigen im Burgenland: Funktionsträger sollten nicht mehr, aber auch nicht weniger Rechte als Normalbürger haben, sagt Kollar. Und sein Kärntner Kollege Günther Kostan ergänzt: Wenn jemand wie Wurm eine Wohnung seiner Gesellschaft kaufen wolle und die immer zuerst öffentlich anbieten müsse, dann käme er nie zu einer Wohnung.
Anders Hans Peter Lorenz, Chef der Vorarlberger VOGEWOSI, die zu 70 Prozent dem Land Vorarlber gehört. Lorenz findet nicht gut, was Kollege Wurm gemacht hat: es sei ausschließlich Aufgabe Wohnraum für die Wohnungssuchenden zur Verfügung zu stellen und nicht für den Eigenbedarf von Geschäftsführern.
Am 2. Juli findet eine Aufsichtsratssitzung des Revisionsverbandes der Gemeinnützigen statt, und da wird die Causa Wurm auf der Tagesordnung stehen. Ausgang offen. Wenn es aber nach dem wahlkämpfenden Wiener Wohnbaustadtrat Michael Ludwig geht, dann sollten dort raschest strengere Compliance- also Unvereinbarkeits-Regeln beschlossen werden. Wie Ludwig gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal ankündigte, wird er dafür politisch Druck machen - immerhin ist die Gemeinde Wien Herrin über die Wohnbauförderungsgelder und hat eine entsprechend starke Position.
Das Land Wien wiederum ist Aufsichtsbehörde gegenüber Bauträgern wie der GEWOG. Und da werde man noch einmal genau schauen, ob neben einem möglichen moralischen Fehlverhalten alle gesetzlichen Bestimmungen eingehalten worden sind, sagt Ludwig. Ob zum Beispiel korrekt sei, dass Wurm als Geschäftsführer und Käufer einen Kaufvertrag zweimal unterschrieben hat.
SPÖ-Bautensprecherin Ruth Becher wollte unter Verweis auf die Selbstverwaltung der Gemeinnützigen keine konkrete Stellungnahme abgeben. Morgen wird sie aber wohl wieder zum Thema befragt werden, da hält sie eine Pressekonferenz mit dem Titel Auslaufmodell Vorsorge-Spekulationswohnung ab. Karl Wurm mit seinen Vorsorgewohnungen wird als steinerner Gast dabeisitzen.