Tunesien-Anschlag: Touristen verlassen das Land

Nach dem blutigen Terroranschlag in Tunesien verlassen viele Touristen vorzeitig das Land. Bei der Attacke eines Einzeltäters in dem Badeort Sousse sind gestern um die Mittagszeit mindestens 39 Menschen getötet worden, in der Mehrzahl Briten und Deutsche, Aus Österreich war offenbar niemand dabei - aber noch immer fehlen genaue Angaben, wieviele der Opfer aus welchen Ländern stammten. Die Regierung in Tunis hat unterdessen einen entschlossenen Kampf gegen den Terrorismus angekündigt.

Mittagsjournal, 27.6.2015

IS bekennt sich zu Anschlag via Twitter

Abgesehen von der menschlichen Tragödie - für Tunesiens Tourismuswirtschaft ist der Anschlag fatal. Aus der nahen und ferneren Umgebung von Sousse fahren mit Touristen volle Busse zum nächstgelegenen Flughafen von Enfidha im Golf von Hammamet. Mehrere Tourismusagenturen in Europa bieten ihren Gästen finanzielle und logistische Hilfe bei der Rückreise an. Die Regierung will unterdessen nicht nur mit verschärften militärischen Maßnahmen gegen den Terrorismus ankämpfen: 80 Moscheen, die nicht unter staatlicher Kontrolle sind, werden innerhalb der nächsten Woche geschlossen, sagt der Premierminister, der zugleich allen extremistischen Aktivitäten und Gruppen den Kampf ansagt. In der Nacht haben sich vorgebliche Unterstützer der Terrormiliz Islamischer Staat mit einer Twittermeldung zu dem Anschlag bekannt - verifizierbar ist das nicht.

Täter war Student

Inzwischen gibt es auch neue Angaben zu dem Täter, den die Sicherheitskräfte am Tatort erschossen haben. Er war Einzeltäter, ein Student aus der Region Kairuan in Zentral-Tunesien. Der Zwanzigjährige hatte laut der Regierung in Tunis sein Land nie verlassen, auch war er der Polizei nie aufgefallen. Tunesien, das es als einziges der Länder Nordafrikas nach der arabischen Revolution in demokratische Bahnen geschafft hat, steht vor einer gigantischen Herausforderung. Wir müssen nicht nur für mehr Sicherheit sorgen, sagt die Abgeorndete Saida Unissi von der gemäßigt islamistischen Enahda-Partei, die das Land zusammen mit säkularen Parteien regiert.

"Terrorismus nähre sich selber"

Wir müssen unser Wirtschaftsmodell, unser Modell des sozialen Zusammenlebens überdenken, wir müssen unsere Bildungsreform schneller vorantreiben, Arbeitspläte schaffen. Der Terrorismus nähre sich selber, erklärt sie: soziale Ausgrenzung, wirtschaftliche Ungerechtiogkeit, mangel an Bildung - all das habe das Land vom gestürzten Ben-Ali-Regime geerbet. Und nicht nur mehr Sicherheit - auch das brauche finanzielle Mittel, die das Land erst erwirtschaften muss. Und was geschehen sei zeige, dass der Terrorismus nicht Angelegenheit einer Partei oder Gruppe sei. Alle Parteien, die ganze Gesellschaft müsse jetzt zusammenstehen, eine klare Haltung und Strategie finden.