Hirnforschung: Manipulation durch Werbung

Warum lassen wir das eine Produkt im Regal stehen und greifen lieber zu einem anderen? Das ist die zentrale Frage für Marketingstrategen. Hilfe bei der Beantwortung kommt seit einigen Jahren aus der Hirnforschung. Im Rahmen des "Neuromarketing" wird untersucht, was in unserem Gehirn passiert, wenn wir uns einen Werbespot ansehen und wann Werbung besonders erfolgreich ist. Die neuesten Forschungsergebnisse auf diesem Gebiert werden derzeit bei einer Konferenz an der Wirtschaftsuniversität in Wien präsentiert.

Mittagsjournal, 27.6.2015

Werbung wirkt in bestimmter Hirnregion

Eine halbe Minute - mehr Zeit haben Werber im Normalfall nicht, um ihre Botschaft an die Konsumenten zu bringen. Sekunden die teuer sind und deswegen gut genutzt werden sollten. Wollte man bisher testen, wie gut eine Werbung bei den Verbrauchern ankommt, musste man sie befragen. "Ein Verfahren mit Tücken", sagt der Psychologe und Hirnforscher Vinod Venkatraman von der US-amerikanischen Temple University.

Oft kennen die Menschen die Antwort, so Vinod Venkatraman, aber sie sagen dennoch etwas anderes, weil sie denken, es sei sozial erwünscht. Hinzukommt, dass die Befragten oft nur die letzten Sekunden eines Werbespots parat haben. Um dieses Hindernis zu umgehen steckt der Psychologe die Testpersonen in einen Hirnscanner und beobachtet live, was im Gehirn passiert, wenn die Werbung läuft. Eine Hirnregion, das ventrale Striatum, ist dabei von besonders großem Interesse. "Wenn man etwas begehrt, dann kommt es in dieser Hirnregion üblicherweise zu einer verstärkten Aktivität", erklärt Venkatraman. Dieser Teil des Gehirns ist wichtig für die Entscheidungsfindung und auch ein Teil des Belohnungszentrums ist dort angesiedelt.

Forschung und Werbung als Zukunftsmodell?

Ein weiteres Forschungsergebnis des Psychologen betrifft die Aufmerksamkeit der Konsumenten: "Am Beginn der Werbung müsse es einen starken Reiz geben", sagt Vinod Venkatraman: Gute Musik, eine kräftige Farbe oder vielleicht ein hübsches Gesicht. Nur wenn das passiert, ist das Gehirn bereit, die Informationen tatsächlich zu verarbeiten - nur dann besteht eine Chance, dass die Werbebotschaft auch ankommt." Wie konnte der Hirnforscher nun herausfinden ob die Werbungen tatsächlich erfolgreich waren? Er hat seinen Probanden zwei Jahre alte Spots vorgespielt und die Daten mit den aktuellen Verkaufszahlen der jeweiligen Unternehme verglichen. Die Aktivität im Gehirn hat mit den positiven Absatzzahlen zusammengepasst. "Noch sei es nicht möglich, aus den Forschungsergebnissen abzuleiten, wie genau eine erfolgreiche Werbung aufgebaut sein muss, betont Venkatraman. Aber es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Unternehmen mehr über die Kaufentscheidungen ihrer Kunden wissen, als die Konsumenten selbst."

Mehr in

science.ORF.at