Ben Kingsley in "Learning to Drive"

Die New Yorker Literaturkritikerin Wendy (Patricia Clarkson) wird von ihrem Ehemann in der Öffentlichkeit abserviert und im Taxi sitzen gelassen. Man könnte es Glück im Unglück nennen, dass der indischstämmige Taxifahrer (Ben Kingsley), der sie nach Hause bringt, auch Fahrlehrer ist. Im neuen Film der katalanischen Regisseurin Isabel Coixet, "Learning to Drive", wird die Fahrschule zur Schule des Lebens.

Morgenjournal, 7.8.2015

Mit Dramen wie "Das geheime Leben der Worte", das mit gleich drei spanischen Filmpreisen ausgezeichnet wurde, avancierte die einstige Werbefilmerin Isabel Coixet zur viel beachteten Autorenfilmerin. Ihr Historiendrama "Nobody Wants the Night" eröffnete heuer die 65. Berlinale, ein Film der bei Kritik und Publikum allerdings auf wenig Begeisterung stieß.

Nach 21 Jahren Ehe ist Schluss. Die New Yorker Literaturkritikerin Wendy wird von ihrem Ehemann in der Öffentlichkeit abserviert und im Taxi sitzen gelassen. Und man könnte es Glück im Unglück nennen, dass der indischstämmige Taxifahrer, der sie nach Hause bringt auch Fahrlehrer ist. Denn bisher wurde Wendy von ihrem Mann durch New York chauffiert, und um die Tochter auf dem Land besuchen zu können will Wendy nun selbst hinter das Steuer.

Sie habe sich der Geschichte gleich sehr verbunden gefühlt, erzählt Regisseurin Isabel Coixet im Interview: "Ich konnte selbst noch nicht fahren, machte dann quasi zu Vorbereitung den Führerschein, und bin jetzt zwar eine schlechte Fahrerin, aber ich fahre (…) Und die Geschichte, die Figurenkonstellation ist einfach etwas Besonderes: Die Frau für die plötzlich eine Welt zusammenbricht, und die dann aber auf diesen Fahrlehrer trifft, der von politischer Verfolgung und seiner Vergangenheit im Gefängnis erzählt: Das ist eine wahre Tragödie."

Alltagsphilosophische Exkurse zwischen Zwangsehe und One-Night-Stand: Die Fahrschule wird hier zur Schule des Lebens; eine nicht ganz neue Metapher, wie überhaupt so manches in "Learning to Drive" aus den Ersatzbaukästen der Culture-Clash-Komödien und Mini-Dramen Marke Midlife-Crisis entnommen zu sein scheint. Aber: Es sind hier Schauspieler am Werk, denen man gerne bei ihrer Arbeit zuschaut.

Patricia Clarkson etwa, als frustrierte Literaturkritikerin oder vor allem Ben Kingsley, der als Taxifahrender Sikh Turban und Klischees mit sich durch den Film schleppt. Klischees, die Kingsley aber mit einer Leichtigkeit händelt, dass sie bis zum Schluss irgendwie sogar zur Glaubwürdigkeit der Figur beizutragen scheinen. Alles für diese Figur, sei eine Frage der Disziplin: "Ich habe in ihm immer auch eine Art Soldaten gesehen, nicht nur einen Lehrer", so der Schauspieler. "Es ist eine fast militärische Disziplin. Der Turban wirkt für mich da wie die Uniform, die mit einer ganz bestimmten Lebensweise, mit speziellen Tugenden verbunden ist. Wie er auch im Film sagt: Es gibt einen 'Sikh-Weg' die Dinge anzugehen."

Unaufgeregt erzählt Coixet von diesen so unterschiedlichen Figuren und Geschichten, die sich wie in einem doppelten Spiegel begegnen. Da wird nichts Neues erzählt, wenig probiert und wenig riskiert, sodass die 90 Filmminuten, so wie die Fahrstunden im Film, mit nur kleineren Unfällen zu Ende gehen.