Vergessenes Barockjuwel "Il Germanico"

Mit der heutigen Premiere der Barockoper "Il Germanico" widmen sich die Innsbrucker Festwochen der Alten Musik einer ihrer Hauptaufgaben: der Wiederentdeckung musikalischer Juwelen. Alessandro De Marchi, der künstlerische Leiter Festwochen, hat eine Oper gewählt, von der bisher nur zwei Arien bekannt waren.

Nicola Porporas Werk erzählt von der Auseinandersetzung zwischen Rom und den Germanen, die dem großen Reich am Tiber mit der Varusschlacht eine vernichtende Niederlage bereitet haben.

Bühnenbild von Alfred Peter

Bühnenbild von Alfred Peter

THORSTEN KONDRAD

Mittagsjournal, 12.8.2015

Der berühmte Gesangslehrer Porpora

Der australische Countertenor David Hansen singt einer Arie, die Nicola Porpora für einen der berühmtesten Kastratensänger geschrieben hat - für seinen Schüler Caffarelli. Dieser verkörperte den germanischen Heerführer Arminius bei der Uraufführung der Oper 1732. Die, wie in Rom üblich, nur von Männern gesungen wurde.

Porpora, der nicht nur Komponist, sondern vor allem der berühmteste Gesangslehrer seiner Zeit war, schrieb für seine Schüler - die meist Kastraten waren - die waghalsigsten Arien. Eine solche Oper von viereinhalb Stunden Dauer heute aufzuführen ist ein Wagnis. Doch Regisseur Alexander Schulin streut den Innsbrucker Festwochen Rosen: "Wo wenn nicht hier, soll man so ein Experiment wagen? So etwas in der vollständigen Form auf die Bühne zu bringen."

Dirigent Alessandro De Marchi hat mit der irischen Altistin Patricia Bardon und mit David Hansen zwei Alte-Musik-Spezialisten nach Innsbruck geholt, die mit Porporas anspruchsvoller Klangsprache umzugehen wissen.

Respekt vor dem tapferen Feind

"Il Germanico" erzählt die Geschichte nach der berühmten Varusschlacht weiter: Das gedemütigte Rom will seine Niederlage rächen und schickt Germanicus, den Adoptivsohn des Imperators um die Ehre wiederherstellen. Doch Germanicus ist kein Despot - er hat Respekt vor seinem tapferen Feind und versucht ihn von Roms Freundschaft zu überzeugen. Am Ende wird der mächtige Germane einwilligen und damit nicht nur sich, sondern auch sein Volk retten. Alexander Schulin lässt für "Il Germanico" die barocke Entstehungszeit der Oper auch optisch auferstehen.

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