Indonesische Autorin Laksmi Pamuntjak

Mehr als 17.000 Inseln, auf denen etwa 250 verschiedene Sprachen gesprochen werden - das ist Indonesien. Der weltgrößte Inselstaat ist heuer Schwerpunkt auf der Frankfurter Buchmesse. In den 1960er Jahren sind Millionen Menschen politischen Säuberungen zum Opfer gefallen. Die Autorin und Journalistin Laksmi Pamuntjak arbeitet die blutige Geschichte ihres Landes in ihrem Debütroman "Alle Farben Rot" auf.

Mittagsjournal, 28.9.2015

Aus Berlin,

Indonesien ist seit 1998 eine Demokratie, davor aber wurde der Inselstaat mehr als 30 Jahre von General Suharto diktatorisch geführt. Suharto ist 1965 durch einen Militärputsch an die Macht gekommen, hat politische Gegner gnadenlos verfolgen, einsperren und auch ermorden lassen. Kommunisten waren der Erzfeind, erinnert sich Laksmi Pamuntjak: "Geschichte wird immer von den Siegern geschrieben. Also war die offizielle Auslegung: die Kommunisten sind böse, Suharto ist gut, er hat Indonesien gerettet. In der Schule hat man uns eingetrichtert, dass Kommunisten unsere Feinde sind, der Teufel - und dass es nur um die Frage geht: töten oder getötet werden. Bis zu einer Million Menschen sind als angebliche Kommunisten ermordet worden - Freunde, Nachbarn, Familienmitglieder haben sich plötzlich gegenseitig gehasst."

Basierend auf Opferberichten

Gegen diese einseitige vom Suharo-Regime jahrzehntelang gesteuerte Sichtweise auf die Massentötungen an angeblichen Kommunisten will Laksmi Pamuntjak anschreiben. Sie nimmt Bezug auf eine bekannte Sage - eine Dreiecks-Geschichte von einer Frau zwischen zwei Männern - und erzählt dabei, wie aufgrund der politischen Verwicklungen den Protagonisten die Zukunft genommen wird. Eine fiktive Geschichte, die aber auf Erzählungen von Opfern aufbaut.

"Das ist es was Schriftsteller tun - wir erzählen von gewöhnlichen Menschen, deren Stimmen sonst nicht gehört würden. Und ich wollte das meine beitragen, indem ich die Geschichten von Menschen erzähle, die Suharto eingesperrt hat. Die meisten waren einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort: 17-Jährige etwa, die mit den Kommunisten nichts am Hut hatten, sind einfach so auf der Gefängnisinsel Buru jahrzehntelang weggesperrt worden - ohne Gerichtsverfahren."

Von Aufarbeitung weit entfernt

Zwar beobachtet Laksmi Pamuntjak erste Schritte einer Aufarbeitung, von Versöhnung ist ihr Land aber noch weit entfernt: "Zuerst müsste anerkannt und eingestanden werden, dass diese Massenmorde stattgefunden haben - aber kein Politiker traut sich", sagt die Autorin. "Präsident Widodo hat zwar versprochen, sich etwa ein Dutzend Fälle von ungelösten Menschenrechtsverletzungen anzusehen, auch die Vorfälle von 1965, aber das sind Lippenbekenntnisse."

Laksmi Pamuntjak schildert in "Alle Farben Rot" aus unterschiedlichen Blickwinkeln die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen Indonesiens der letzten 40 Jahre. Die Autorin und Journalistin Pamuntjak lässt keine Sympathien für die eine oder andere Seite erkennen - sie gibt keine Schuld. Das wirft die Frage auf, inwieweit indonesische Literatur immer noch von gesellschaftlichen Tabus gefesselt ist.

Service

Laksmi Pamuntjak, "Alle Farben Rot", Roman, aus dem Englischen von Martina Heinschke, Ullstein

Frankfurter Buchmesse - Ehrengast Indonesien