von Barbara Zeithammer

Randnotizen

Hören oder nicht hören? Über nervende Nebenberäusche und die erfolglosen Versuche, sie auszublenden.

"Ich schlafe gerade mit Aphrodite."

Wie schön! Was für ein schöner erster Satz. Hatte der Samstag also doch etwas Gutes. Freund L. verbrachte ihn als vernarbter Muskelprotz, als „Gott des Krieges“, auf der Couch und hat den Göttern der Antike gezeigt, wo der Hammer hängt.

"Jetzt habe ich Helios den Kopf abgerissen."

Und wir saßen danach, am Abend, gemütlich beisammen und spielten Karten. Nein. Freund L. konnte seine "Ausrüstung" nicht ablegen: "Hadesklauen Stufe 3. Freischalten: Unendlicher Schmerz."

Weil Freund L. es am Samstag vorzog, im Olymp aufzuräumen und nicht im Kabinett, musste ich im Wohnzimmer arbeiten. Er trug Kopfhörer - ein guter Kompromiss. Zunächst. Ich hatte nicht bedacht, wie anstrengend es ist, die antiken Götter zu vernichten. L. drückte wild und ohne Pause auf seiner Spielsteuerung herum. Das macht ein klackendes Geräusch, ohne Rhythmus, ohne die Möglichkeit, es zu ignorieren oder sich daran zu gewöhnen.

"Jetzt habe ich Hermes die Beine abgeschnitten."

Wie kann L. bloß so schnell diese Knöpfe drücken? Dieser respektvolle Zugang verschaffte mir nur kurz Linderung. Ich versuchte, es von der Nutzen-Seite anzugehen: Gourmets unter den Kannibalen würden sich wohl alle Finger nach Ls Daumenmuskeln ablecken. Angeblich, so erzählt es D., ein Bekannter, gern beim Essen, ist der Daumenmuskel der zarteste Teil des Menschen.

Essen mit D. sollte nicht zu oft stattfinden. D. macht sehr laute Kaugeräusche. Seine Kiefer knacken, oft schmatzt er auch oder spricht mit vollem Mund. Ich treffe ihn nur noch in Lokalen, wo es so laut ist, dass ich das alles nicht hören kann.

Geräuschvolles Reisen

Unlängst fuhr ich mit dem Zug in eine Therme. In öffentlichen Verkehrsmitteln tragen viele Menschen Kopfhörer; weil aber die Züge heute so leise sind, können alle Mitreisenden an der Musik teilnehmen. Aber das geht ja noch. Wenn Menschen dagegen laut und deutlich Kaugummi kauen, muss ich den Platz wechseln.

In der Therme gibt es, wie in der Eisenbahn, eigens gekennzeichnete "Ruheräume". Was macht man in einem Ruheraum? Reden, natürlich. Weil man aber eigentlich ruhig sein sollte, unterhielten sich die beiden Damen in den Liegestühlen hinter mir im Flüsterton. Zischelnd, wispernd, und als ich fragte, ob sie nicht in normaler Lautstärke sprechen könnten, dann wäre es erträglich, dann müsste man ja nicht zuhören, sagten sie: "PSST. Das ist ein Ruheraum."

Misophonie

Über die Jahre ist die Liste länger geworden. Ich kann Ihnen beim besten Willen nichts davon vorspielen. Eines der schlimmsten Geräusche ist, wenn der Staubsaugerschlauch beim Staubsaugen einen Knick bekommt.

Ja, ich habe mich schon gefragt, ob das normal ist.

"Misophonie. Wörtlich: Hass auf Geräusche."

Hass? Na ja…

"Verminderte Geräuschtoleranz gegen bestimmte Geräusche."

Das trifft es eher. Beruhigend ist, dass das Phänomen zwar einen Namen hat, aber keine Nummer – keine ICD-10 Klassifizierung. Damit ist es nicht offiziell als "Krankheit" anerkannt, auch wenn einige Forscher meinen, es handle sich um eine neurologische Störung. Andere sind der Ansicht, Misophonie sei das Ergebnis einer Konditionierung.

"Jetzt habe ich Poseidon die Augen eingedrückt."

So weit wollte ich es wirklich nicht kommen lassen. Soll ich mir ein Paar dieser Kopfhörer kaufen, die Hintergrundgeräusche wegfiltern? Sie würden die Ohren verschließen, aber was würde mir alles entgehen? Gute erste Sätze. Während L. auch am Sonntag gegen die antiken Götter kämpfte, kämpfte ich mit den Geräuschdämonen. Und siehe da, es kam etwas dabei heraus.