Die "Café Sonntag"- Glosse von Elfriede Hammerl

Quotenfrau

Der Quotenwahn ist ein Wahnsinn! sagt Tina.
Was meinst du mit Quotenwahn?, frage ich. Schon jeder zweite Mensch ist eine Frau!? Oder: Nur jeder neunte Primararzt ist kein Mann!? Oder: Null Prozent Frauen in der oberösterreichischen Landesregierung?

Sie meint, dass sie keine Quotenfrau sein möchte, sagt Tina. Das wäre ihr peinlich. Nur wegen einer Quote in einen Aufsichtsrat zu kommen. Da würde sie sich schämen. Sie möchte für ihre Leistung gewürdigt werden, nicht wegen ihres Geschlechts.

Tina ist Sachbearbeiterin im Gemeindeamt von St. Pankratz am Gebüsch. Die Gefahr, dass sie als Quotenfrau in einen Aufsichtsrat gerät, ist, sagen wir, allenfalls hypothetisch.

Trotzdem. Sie würde sich sträuben.

Tina, sage ich, Quotenfrauen müssen die volle Leistung bringen. Qualifikation ist Voraussetzung. Es geht nicht darum, dass sie was werden, weil sie eine Frau sind, sondern darum, dass sie was werden, obwohl sie eine Frau sind. Beziehungsweise darum, dass sie nicht nichts werden, weil sie eine Frau sind.

Ja, aber, sagt Tina. Ja, aber der Zwang. Wieso will man Frauen zwingen, sich in eine Chefetage zu setzen, wenn sie das doch vielleicht gar nicht möchten?

Nicht die Frauen sollen gezwungen werden, sage ich. Sondern die Konzerne. Und zwar dazu, qualifizierte, aufstiegswillige Frauen nicht zu übergehen.

Vielleicht gibt es ja nicht genügend qualifizierte Frauen, sagt Tina.
Wo steht, dass das es genügend qualifizierte Männer gibt?, frage ich.
Das findet Tina jetzt enorm männerfeindlich. Wie komme ich dazu, Männern die Eignung für Führungspositionen abzusprechen?

Das tue ich doch gar nicht, sage ich. Ich weigere mich bloß, sie Frauen nicht zuzuerkennen. Ich bin nicht männerfeindlich. Ich bin nur gegen eine 90-prozentige Männerquote, die halt nicht so heisst.

Also, sie persönlich schätzt ihre männlichen Kollegen, sagt Tina. Noch nie hat einer an ihrem Sessel gesägt.

Vor allem sägst du nicht an ihren Sesseln, sage ich. Schon gar nicht an dem von deinem Chef. Warum sollte er an deinem sägen?

Du willst die Männer entmachten, sagt Tina. Das will ich nicht. Ich möchte sie mit Charme und Liebenswürdigkeit überzeugen.

Wovon? frage ich. Davon, dass du keine Konkurrenz bist?

Überleg einmal, sagt Tina. Wenn ein Mann sich um einen Chefposten bewirbt, und dann wird ihm eine Quotenfrau vorgezogen – was das mit seinem Selbstwertgefühl anrichtet!

Überleg einmal, antworte ich, wie es einer Frau geht, wenn ihr schon wieder ein Mann vorgezogen wird, der halt nicht Quotenmann heisst, aber einer ist?

Vielleicht sind Frauen ja von Natur aus nicht so ehrgeizig, sagt Tina.

Du meinst, sie bewerben sich mit der inständigen Hoffnung, es doch nicht zu werden? frage ich.

Tina sagt, mit mir kann sie nicht diskutieren. Kein Wunder, mit Frauen ist sie noch nie gut ausgekommen, weiß der Himmel, woran das liegt.

Versuch’s doch bei ihnen auch einmal mit Charme und Liebenswürdigkeit, sage ich.