"Antigone" an der Wiener Kammeroper

Das Junge Ensemble des Theaters an der Wien arbeitet wieder: Sechs Sängerinnen und Sänger dürfen die Kammeroper zwei Saisonen lang ihr künstlerisches Zuhause nennen und bringen heute Abend Tommaso Traettas Barockoper "Antigone" zur Premiere. Erarbeitet haben sie diese mit Regisseur Wassili Barchatow und Dirigent Attilio Cremonesi.

Morgenjournal, 30.10.2015

Ende gut, alles gut. Im Gegensatz zu Sophokles‘ Drama, überleben bei Librettist Marco Coltellini alle - die zu Tode verurteilte Antigone wird von Kreon begnadigt, dessen Sohn Haimon muss sich nicht umbringen. Der italienische Komponist Tommaso Traetta zählt zu den großen Reformern der Oper und steht an der Schnittstelle zwischen Barock und Klassik. Sein Werk ist musikhistorisch bedeutend, wenn auch weitgehend unbekannt.

Dirigent Attilio Cremonesi, ein Spezialist für Opernraritäten des Barock: "Für die Reformen der Oper kommt uns immer Gluck in den Sinn. Alle anderen Komponisten, die in der gleichen Art und Weise komponiert und nicht weniger talentiert waren, die sind verschwunden."

Komponiert für Katharina II.

Tommaso Traetta hat seine Oper "Antigone" wurde für den russischen Hof geschrieben, wo er Hofkapellmeister unter Zarin Katharina II. in St. Petersburg war. Nicht nur, aber auch dadurch ist die Schiene zu Regisseur Wassili Barchatow gelegt. Nach Inszenierungen in seiner Heimat Russland etwa am Mariinsky Theater St. Petersburg oder am Bolschoi Theater Moskau, inszeniert er zurzeit häufig in Deutschland und der Schweiz - zuletzt Modest Mussorgskis "Chowanschtschina" am Theater Basel.

"Antigone" ist Barchatows erste Barockoper: "Ich hatte wirklich Angst vor dieser Arbeit, denn es ist schwierig eine moderne Dramaturgie auf die Sprache und das Tempo von einer Barockoper zu legen. Es ist überhaupt schwierig realistisches Regietheater bei einer Barockoper anzuwenden."

Skurrile Tragödie in der Gruft

An der Wiener Kammeroper spielt "Antigone" in der Gruft der Familie - unausweichlich umgeben von den Gräbern der Ahnen spielt sich eine Familientragödie ab. Eine skurrile Tragödie, in deren Rahmen in und durch Gräber geklettert wird. Immer wieder wird die Handlung durch Filmeinspielungen der Trauergemeinde, projektierte Stammbäume und ähnliches kommentiert.

"Ich wollte die menschliche Tragödie erzählten und bin sehr froh, dass ich das mit diesem jungen Ensemble tun konnte. Denn ohne diese Sänger hätte ich nicht so frisch an die Sache herangehen können", sagt Barchatow. "Sie sind offen für alles, versuchen alles umzusetzen. Ein paarmal ist es sicher für sie körperlich unangenehm und anstrengend. Sie tun es - ich weiß nicht, ob sie es gerne tun, aber sie tun es. Und so bin ich sehr froh, dass mein erster Barockversuch hier mit ihnen stattgefunden hat."

Bis 21. Dezember ist Tommaso Traettas Oper "Antigone" zehnmal an der Wiener Kammeroper zu erleben.

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Theater an der Wien - Antigone

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