Gerhard Roths "Reise ins Unsagbare"

Verdrängtes und Vergessenes ins Bewusstsein rufen - das ist für Gerhard Roth der Motor seiner literarischen Arbeit. Die Auseinandersetzung mit der österreichischen Geschichte bestimmt sein Werk, die Essays ebenso wie die Romanzyklen "Die Archive des Schweigens" und "Orkus", an denen er 30 Jahre gearbeitet hat. Einen Streifzug durch dieses Werk und eine Reise entlang seiner Lebens- und Erfahrungsgeschichte hat Roth jetzt gemeinsam mit dem Autor und Ethnologen Hans-Jürgen Heinrichs unternommen. "Reise ins Unsagbare" - so der Titel.

Morgenjournal, 2.12.2015

"Es ist mein Wunsch, Gerhard Roth als einen Schriftsteller vorzustellen, der wie durch ein Mikroskop auf die Welt der politischen Geschehnisse und der sozialen Verhältnisse schaut", schreibt Hans-Jürgen Heinrichs im Vorwort zu dem Band. Und um die Polarisierung von politischer und nicht-politischer Literatur kreisen auch immer wieder die Gespräche mit Gerhard Roth.

Er beharre darauf, kein politischer Autor zu sein, da er die Ideologien angreife - zum Beispiel die Kirche. Alle Ideologien, bei denen man sein Denken aufgeben muss und nach einer Schablone leben soll. "Die einzige Ideologie, die für mich gültig ist, ist der Humanismus", sagt Roth im Gespräch mit Hans-Jürgen Heinrichs. Letztlich sind es die großen Themen des Gerhard Roth, die hier zur Sprache kommen: Wahn und Gedächtnis, Verbrechen und Verschweigen, Täter und Opfer, Gewalt und Tod - die Themen seiner beiden Romanzyklen, die ihn an den Rand der Erschöpfung gebracht haben, wie er erzählt.

Als Kommentator des Zeitgeschehens hat sich Roth schon vor vielen Jahren zurückgezogen und lakonisch antwortete er auch auf das beharrliche Nachfragen von Hans-Jürgen Heinrichs zu den aktuellen weltpolitischen Konflikten: "Die Welt war schon immer aus den Fugen geraten." Zur aktuellen Flüchtlingsdebatte hat Gerhard Roth nur einen kurzen Kommentar: Anstelle einer sachlichen Diskussion gebe es ideologische Vorwürfe.

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Hans-Jürgen Heinrichs, Gerhard Roth, "Reise ins Unsagbare - Hans-Jürgen Heinrichs im Gespräch mit Gerhard Roth", Residenz Verlag