Shi Hui - Chinas tragischer Filmstar

Im Shanghai der 1940er Jahre galt Shi Hui als Leinwandstar, als Regisseur schuf er Dramen, die bis heute als Meilensteine der chinesischen Filmgeschichte gelten. Nach der Machtübernahme der Kommunisten trieb ihn Maos Regime jedoch in den Selbstmord. Das Filmarchiv Austria widmet Shi Hui jetzt eine Retrospektive.

Kulturjournal, 15.12.2015

Shanghai war 1940 eine Stadt im Ausnahmezustand. Vor drei Jahren hatten die Japaner die Stadt erobert, die chinesische Regierung hatte sich ins Landesinnere zurückgezogen, die Briten, Amerikaner und Franzosen waren aber im Besitz ihrer Konzessionen geblieben. In der Stadt herrschte eine Fin-de-Siècle-Stimmung, und wer es sich leisten konnte, führte ein dekadentes und ausschweifendes Leben. Weil die Menschen wie wild in die Kinos strömten, waren diese Krisenjahre gleichzeitig aber auch eine Blütezeit für die Filmindustrie: Allerorts suchten Regisseure nach jungen Talenten, die sich auf der Leinwand gut vermarkten ließen.

So versuchte auch der 25-jährige Shi Hui mit seiner Wandertheatergruppe sein Glück in Shanghai. Und er hatte Erfolg: Zuerst im Theater, wo er bald als "Kaiser der Bühne" gefeiert wurde, und dann auch beim Film, wo der charismatische und ehrgeizige junge Mann auch auf der Leinwand zeigte, was er konnte.

Erster Filmauftritt in "Kinder der Welt"

Interessant ist, dass Shi Hui einen seiner ersten Filmauftritte in einer chinesisch-österreichischen Koproduktion gefeiert hat. Nach dem Anschluss waren die jüdischen Filmemacher Louise und Jakob Fleck aus Wien nach Shanghai geflüchtet und hatten dort gemeinsam mit dem chinesischen Regisseur Fei Mu das Drama "Kinder der Welt" gedreht. Der Film ging auf die politische Situation der Zeit ein und zeigte wie das einfache Volk unter den Kriegsgräueln zu leiden hatte.

Für Shi Hui war das eine Rolle ganz nach seinem Geschmack, denn soziales Engagement stand für ihn im Zentrum seiner künstlerischen Arbeit. Das lag vor allem an seinem Werdegang, denn Shi Hui wurde mit drei Jahren zum Halbwaisen und schlug sich vor seinem Durchbruch mehr recht als schlecht durchs Leben.

Meisterwerk "Mein Leben"

Shi Hui nützte seine Bekanntheit als Schauspieler um auch als Filmregisseur Fuß zu fassen. Sein Meisterwerk war das 1950 entstandene Drama "Mein Leben" nach einem Roman des bekannten chinesischen Schriftsteller Lao She, mit dem Shi Hui auch eine enge Freundschaft verband. Der Film über das Leben eines einfachen Pekinger Polizisten war einer der ersten, den Shi Huis Wen Hua-Studio in der 1949 von Mao Zedong ausgerufenen Volksrepublik China produzierte.

"Gleichheit und Freiheit, das sind zwar schöne Worte, die noch alle Machthaber in den Mund genommen haben, nur gehalten, hat sich bisher keiner daran", beschwert sich da eine Figur im Film. Die kommunistische Führung wertete das als Kritik am System.

Unter mysteriösen Umständen

Anfangs wurde Shi Hui deshalb nur das Arbeiten erschwert, dann aber wurde die kommunistische Führung angesichts des Ungarn-Aufstands immer paranoider. Am Abend der Verhandlung verschwand Shi Hui unter mysteriösen Umständen. Er war zwar noch als Passagier auf einer Fähre gebucht, doch traf er nie am Zielort ein. Shi Hui war damals gerade 42 Jahre alt und nur einer von zahlreichen Künstlern, die Maos diktatorisches Regime damals zum Opfer fielen. Wie er das chinesische Filmschaffen noch hätte prägen können, das lässt diese Filmschau zumindest erahnen.

Service

Die Retrospektive findet im Metro Kinokulturhaus statt, startet heute Abend mit Shi Huis Meisterwerk "Mein Leben" und dauert bis zum 5. Jänner 2015

Filmarchiv - Shi Hui

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