"Mr. Holmes" - Beschwerlichkeiten des Altwerdens

Sherlock Holmes ist Kino- und Fernsehstar, dient der Comicfigur Nick Knatterton als Vorlage und jetzt muss er für Regisseur Bill Condon auch dafür herhalten, die Beschwerlichkeiten des Altwerdens kriminalistisch aufzuarbeiten. Der 76-jährige britische Schauspieler Sir Ian McKellen, der als Gandalf in "Herr der Ringe " bekannt wurde, ist als "Mr. Holmes" zu sehen .

Szenenbild aus "Mr. Holmes"

Alamode Film

Mittagsjournal, 21.12.2015

Fall gelöst!

Was hat man rund um den Detektiv Sherlock Holmes in Film und Fernsehen nicht schon alles gesehen, mehrfacher Serienstar, Nick Knatterton als eine von Holmes beeinflusste Comicfigur, Science-Fiction-Anknüpfungen in "Star Trek" und zuletzt Robert Downey Junior, der Holmes zum Action-Detektiv machte. Ganz anders der US-amerikanische Regisseur Bill Condon: sein "Mr. Holmes" kämpft vor allem mit den Beschwerlichkeiten des Alt-Werdens. In der Rolle des Parade-Kriminalisten ist der Brite Sir Ian McKellen zu sehen.

Aufmerksamer Beobachter, genialer Kombinierer und analytischer Geistesakrobat. So kennt man den Detektiv Sherlock Holmes. Doch auch er kann den Gesetzten der Natur nicht entgehen, das Altern macht ihm zu schaffen, vor allem das Gedächtnis. Im England des Jahres 1947 ist Mr. Holmes 93 Jahre alt. Zurück gezogen lebt er auf seinem Landsitz in Sussex, umgeben von seiner Haushälterin, deren elfjährigen Sohn und den geliebten Bienen. Doch die Idylle ist trügerisch, denn ein letzter ungelöster Fall lastet, obwohl lange her, auf dem Gewissen des Meisterdenkers.

Letzte Selbstverwirklichung

Von der Gegenwart zurück in die Vergangenheit, gebrochen von einer Fiktion, die in die nächste hinübergleitet um auch gleich wieder in der Wirklichkeit anzukommen. Regisseur Bill Condon lässt den alternden Detektiv bei seiner letzten Selbstverwirklichung auf mehreren Hochzeiten tanzen zwischen Erinnerung und Vergessen, Einbildung und dann wieder scharfsinnigem Verstand. Zu den Spielregeln dieser Holmes-Version gehört auch, solche zu brechen. Klischees und Bilder, die Holmes zur Kunstfigur-Klassiker gemacht haben, nimmt der Film lust- und humorvoll auseinander.

Psychogramm als Kriminalgeschichte

Das Alter offenbart hier eine Menschlichkeit, die die eifrige Arbeit am Mythos Sherlock Holmes normalerweise nicht zulässt. Körperliche Beschwerden, ein leichter Hang zur Überheblichkeit, dann Momente der Zuneigung, Einsamkeit und Verletztlichkeit, eine Rolle, die Darsteller Ian Mckellen - eine Idealbesetzung – einiges an Wandlungsfähigkeit abverlangt. Während sich Sherlock Holmes zuletzt in Blockbuster-Manier zum schillernden Pop-Star hochgeprügelt hat, verspürt Regisseur Bill Condon keinerlei Drang zu einer weiteren hippen Neuinterpretation. Sein "Mr. Holmes" tarnt ein Psychogramm als Kriminalgeschichte und umgekehrt. Und man kann sagen: damit ist dieser Fall ziemlich gut gelöst.

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Mr. Holmes