"Fatima" für Kinder an der Staatsoper

Pünktlich zu Weihnachten wird an der Wiener Staatsoper die Uraufführung einer neuen Kinderoper präsentiert. Heute Vormittag hat dort - im großen Haus - "Fatima, oder von den mutigen Kindern" Premiere. Es ist die sechste Oper von Johanna Doderer, und ihre erste Kinderoper.

Das Libretto beruht auf einer Erzählung des deutsch-syrischen Autors Rafik Schami, Regie führt Henry Mason, dessen Musical "Der Zauberer von Oz" seit einem Jahr an der Wiener Volksoper gezeigt wird.

Morgenjournal, 23.12.2015

Eine orientalische Pippi Langstrumpf

Das ist keine Flüchtlingsgeschichte, auch wenn der Titel vielleicht darauf schließen ließe. Vielmehr ist diese Fatima, von der die Oper handelt, eine Art orientalische Pippi Langstrumpf. Sie und ihr Bruder Hassan müssen beim bösen Zauberer arbeiten, weil die Mutter krank im Bett liegt. Doch während sich Hassan sich an alle absurden Spielregeln des Zauberers hält, und dabei um seine Träume betrogen wird - ist Fatima subversiv, witzig und anarchisch.

Im Stück werden folgende Fragen gestellt, erklärt Regisseur Henry Mason: "Ist es eine gute Idee immer die Regeln zu befolgen? Ist es eine gute Idee, nur das zu tun, was die Mächtigen von uns erwarten? Und wann müssen wir beginnen die Regeln selbst zu schreiben, beginnen humorvoll die Dinge zu hinterfragen? Das Stück endet mit den Worten: Mut brauchst du wenn du verzweifelt bist.

Arien & Lieder zum Mitsingen

Mut beweist auch Dominique Meyer, wenn er die Opernuraufführung nicht auf der kleinen Kinderopern-Studiobühne in der Walfischgasse, sondern im Haupthaus mit seinen 2000 Sitzplätzen aufführen lässt. Für alle Beteiligten eine große Herausforderung und für Kinder ein einprägsames Erlebnis. Dass aber Klang und Dunkelheit gerade für die Jüngeren zu überwältigend wirken kann, ist Johanna Doderer bewusst: "Ich schreibe große Oper, auf der anderen Seite darf ich die Kinder nicht überwältigen; es war eine ziemliche Gradwanderung. So hab ich neben den großen Arien auch Lieder zum Mitsingen", sagt die österreichische Komponistin.

Rafik Schamis Parabel über Kinderarbeit

Das Libretto stützt sich auf eine Geschichte des deutsch-Syrischen Autors Rafik Schami, der vor 45 Jahren aus Damaskus nach Deutschland geflohen ist. "Er hat eine Parabel über Kinderarbeit geschrieben, über ein Monster von einem Erwachsenen, der den Kindern die Träume stiehlt", so Regisseur Mason. "Aber es bleibt vieldeutig als Märchen und lässt sich nicht auf eine Interpretation festlegen, es bleiben viele Deutungsmöglichkeiten offen."

So fühlt man sich in der Staatsoper frei orientalische und grimmsche Märchenelemente zu mischen. Das alte Weiblein mit der Holzbutte im verschneiten Winterwald existiert da friedlich neben dem Sarastro-ähnlichen Zauberer im lila Morgenmantel. Die eingesperrten Träume werden als bunte schmetterlingshafte Wesen vom Kinderchor der Wiener Staatsoper gespielt.

"Die Kinder haben eine Stimme", sagt Johanna Doderer. "Sie möchten und können uns sehr viel sagen - und ich möchte, dass die Kinder ernster genommen werden." Und wenn Kinder auch zuhören, empfiehlt es sich ihnen die Geschichte vor dem Opernbesuch zu erzählen, denn der Inhalt erschließt sich durch das gesungene Wort nicht von selbst. Die Uraufführung von "Fatima, oder von den mutigen Kindern" findet heute Vormittag an der Wiener Staatsoper statt.