Rahela Duric, Chorleitung
Rahela Duric, geboren 1988 in Slowenien, hat Chorleitung und Orchesterleitung an der Kunstuniversität Graz studiert. 2015 gewann sie den Noel-Minet Preis beim internationalen Wettbewerb für junge Chorleiter in Turin.
1. Februar 2019, 16:25
ORF/Ursula Hummel-Berger
Was ist Kunst?
Kunst ist Sprache. Ähnlich wie Victor Hugo sehe ich Kunst als ein Mittel, das zum Ausdruck zu bringen, was nicht mit Worten gesagt werden kann, worüber aber auch unmöglich ist zu schweigen.
Wie sind Sie zur Kunst gekommen?
Ich war immer schon ein sehr aufgeweckter, wissbegieriger Mensch und habe mich für viele Sachen interessiert und begeistern lassen. Als ich fünf oder sechs Jahre alt war, habe ich im Fernsehen eine Geigerin gesehen, wie sie mit dem Bogen hin und her strich. Ich fand das so faszinierend und stellte mir das äußerst spannend vor. Ich versuchte es zu spüren, wie sich das anfühlen würde und wollte es unbedingt ausprobieren. Somit ist die Entscheidung gefallen, welches Instrument ich spielen wollte. Von da an began mein intensiver Weg mit Musik und Kunst, auf dem mich meine Familie immer sehr unterstützt hat.
Kommt Kunst von können, müssen oder wollen?
Von allen drei ein bisschen. Es gibt verschiedene Menschen und verschiedene Zugänge. Bei mir war es zuerst wollen. Ein innerer Wunsch der Kunst - in diesem Fall der Musik - nachzugehen. Aus diesem inneren Impuls heraus kam die Motivation zum Üben und zum Lernen. Als Konsequenz also das Können. Und erst viel später ist mir bewusst geworden, dass die Kunst für mich ein unentbehrlicher Teil meines Lebens und meiner Persönlichkeit geworden ist. Wenngleich ich jetzt davon überzeugt bin, dass sie es schon viel früher gewesen ist, als mir das bewusst war. Und da schließt sich der Kreis erneut. Vielleicht war es zuerst ein inneres "Müssen", das Unsagbare zum Ausdruck zu bringen und die Kunst der Weg, der sich angeboten hat. Es bleibt ein wenig geheimnisvoll und das ist auch gut so.
Wo würden Sie am liebsten auftreten?
Darüber mache ich mir keine Gedanken. Für mich ist jede Bühne eine Gelegenheit, die Herzen der Menschen auf der Bühne und im Publikum zu bewegen. Dabei ist unwichtig ob es sich um eine kleine Bühne irgendwo am Land handelt oder um die bekannten großen Bühnen der Welt. Mein Ansatz ist, ich nehme was kommt und versuche das Beste daraus zu machen. Mich auf etwas in der Zukunft zu fixieren würde für mich bedeuten, nicht mehr so wachsam für das Jetzt zu sein.
Mit wem würden Sie gerne zusammenarbeiten?
Es gibt zwei Dirigenten, die mich sehr begeistert haben. Der erste ist Lorenzo Donati aus Italien, den ich bei dem Wettbewerb in Torino kennengelernt habe. Er saß in der Jury. Der zweite ist Yuval Ben Ozer, mit dem ich heuer eine kurze Masterclass in Graz gemacht habe, als er als Gastdirigent für ein Konzert im Rahmen des "Voices of Spirit" Festivals eingeladen worden war. Von diesen zwei Dirigenten könnte und möchte ich noch viel lernen und hoffe, dass es bald möglich sein wird.
Wie viel Markt verträgt die Kunst?
Sich gut zu "verkaufen" gehört zu jeder Kunst, die auch für ein Lebensunterhalt sorgen soll, dazu. Leider lernt man als Künstler in der Ausbildung so gut wie nichts darüber und es ist oft, leider auch bei mir, ein mühsamer Prozess des Erlernens. Dabei muss jeder ganz individuell seine Grenze finden, inwieweit man die eigene Kunsttätigkeit zu einem Geschäft macht.
Und wie viel Kunst verträgt der Markt?
Da hängt es davon ab, aus welchem Blickwinkel man die ganze Sache betrachtet. Von wirtschaftlicher Seite her gibt es natürlich Grenzen. In diesem Wohlstand, in dem wir leben, ist Kunst teilweise zu einer kaufbaren „Ware“ geworden. Das beobachte ich bei unterschiedlichsten Veranstalltungen, wo Musik einfach nur ein Programmpunkt mehr auf der Liste ist. Aus diesem Aspekt verträgt der Markt so viel Kunst, wie man sich leisten kann. Aber wenn wir die Frage aus dem anderen Blickwinkel betrachten, nämlich aus dem, wie viel Kunst ein Mensch verträgt, dann würde ich sagen, grenzenlos viel. Wenn Kunst gut ist und der Mensch – sowohl Künstler als auch Adressat – offen sind dafür, dann spricht sie etwas im Menschen an, das nach mehr ruft.
Wofür würden Sie Ihr letztes Geld ausgeben?
Für etwas, das ich als sinnvoll erkenne. Und für ein Buch.
Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?
Ich versuche nicht all zu große und langfristige Pläne zu machen. Ich habe gelernt, dass sie mich dann oft blockieren, die Möglichkeiten auf dem Weg zu erkennen und mit Freude und Gelassenheit zu leben. Ganz grob beschrieben: ich wünsche mir eine Familie und beruflich ein gutes Amateur- oder semi-professionelles Ensemble, mit dem ich mich musikalisch austoben kann. Aber ich möchte Dirigieren und Musik nicht zu meinem einzigen Lebensinhalt machen. Es gibt auch andere Sachen, die mich interessieren und die ich verwirklichen möchte.
Haben Sie einen Plan B?
Wenn man keinen Plan A hat, dann braucht man auch kein Plan B. Das sind meine Wünsche. Aber wenn es dann ganz anders kommt, als so oft im Leben, dann bin ich schon gespannt, was alles auf mich wartet!
Wann und wo sind Sie das letzte Mal unangenehm aufgefallen?
Ich kann mich echt nicht erinnern.
Wollen Sie die Welt verändern?
Auf jeden Fall! Darauf hoffe ich!